Der Lahn-Dill-Kreis liegt an drittletzter Stelle in Hessen

Zwölf Prozent leisten sich
Kinder ohne Trauschein

Dillenburg/Wetzlar (krü). Wenn sich ein Baby ankündigt, ist dies für viele Paare schon lange kein Grund mehr zum Heiraten. 318 nichteheliche Kinder wurden im vergangenen Jahr im Lahn-Dill-Kreis geboren. Damit hatten rund zwölf Prozent aller Neugeborenen Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, wie aus den Zahlen des Hessischen Statistischen Landesamtes hervorgeht.
Udo Jürgens hat zwei, Harald Schmidt hat zwei, Hera Lind hat drei - uneheliche Kinder sind heutzutage keine Seltenheit mehr und auch keine Schmach. Selbst Königskinder haben unehelichen Nachwuchs - so wie Prinzessin Stéphanie von Monaco.
Doch nicht nur Reiche und Berühmte leisten sich das Kind ohne Trauschein. Ja zum Baby und Nein zum Heiraten sagen immer mehr Menschen auch in Hessen. Um 8,5 Prozent ist hier im Vorjahr die Zahl der unehelich geborenen Kinder gestiegen, während gleichzeitig die Zahl der Geburten um über vier Prozent sank. Seit Jahren wächst der Anteil der nichtehelich Geborenen in Hessen kontinuierlich und liegt inzwischen bei 15,1 Prozent. Damit hatte 1998 fast jedes sechste hessische Kind Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren.
Und das ist im europäischen Vergleich nicht mal viel. "In der EU wird jedes vierte Kind nichtehelich geboren", informiert Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg.

Zwei Drittel in Island

46 europäische Länder hat Eurostat miteinander verglichen, das Ergebnis: In Island werden rund zwei Drittel und in Dänemark, Estland, Norwegen und Schweden fast die Hälfte aller Babys nichtehelich geboren. Keine Kinder ohne Trauschein ist dagegen nach wie vor die Devise in Griechenland, Malta, Italien und der Schweiz, wo nur zwischen 3,3 und 8,3 Prozent der Babys nichtehelich zur Welt kommen.
Allerdings gilt auch hier: Tendenz steigend. Und so hat sich in Zypern, wo mit gerade mal 1,4 Prozent die wenigsten Babys von unverheirateten Eltern stammen, diese Rate seit 1980 mehr als verdoppelt.
Doch zurück in den Lahn-Dill-Kreis: Hier kamen vor fünf Jahren, noch 7,9 Prozent aller Kinder nichtehelich zur Welt. Inzwischen sind es 11,6 Prozent. Mit diesen liegt der Lahn-Dill-Kreis deutlich unter dem hessischen Durchschnitt von 15,1.
"Ordentlich geheiratet" wird nach wie vor im Landkreis Fulda, der mit 10,5 Prozent nichtehelichen Kindern die niedrigste Rate in Hessen aufweist. Es folgen der Kreis Groß-Gerau und dann der Lahn-Dill-Kreis. Den höchsten Wert hat mit 25,2 Prozent die Stadt Kassel.
Und so hat sich die Zahl der nichtehelichen Babys in den letzten fünf Jahren im Lahn-Dill-Kreis entwickelt: Nach 231 Kindern im Jahr 1994 gab es 1995 einen Anstieg um 4,8 Prozent auf insgesamt 242 uneheliche Babys. 1996 wurden 15,3 Prozent mehr Kinder mit ledigen Eltern geboren (279). 1997 waren es mit 290 Geburten 3,9 Prozent mehr. Und 1998 war nochmals ein Anstieg um 9,7 Prozent zu verzeichnen.
Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Kinder, die unehelich geboren wurden, an den gesamten Geburten von 7,9 Prozent im Jahr 1994 über 8,5 Prozent (1995), 9,6 Prozent (1996) und 10,2 Prozent (1997) auf 11,6 Prozent 1998.
Zum 1. Juli 1998 ist auch das neue Kindschaftsrecht in Kraft getreten, das vor allem für uneheliche Kinder Veränderungen mit sich bringt und mit dem der Gesetzgeber den Veränderungen in der Gesellschaft Rechnung tragen will.

Nachnamen wählen

So können nach dem neuen Recht auch nicht miteinander verheiratete Eltern ein gemeinsames Sorgerecht für ihr Kind haben. Das Kind bekommt außerdem nicht mehr automatisch den Nachnamen der Mutter, sondern kann auch den Namen des Vaters tragen, wenn beide Elternteile das wollen.
"Das Gesetz beschränkt sich nicht darauf, die Stellung der nichtehelichen Kinder den ehelichen anzulehnen", so das Justizministerium. "Vielmehr sollen, wie im Grundgesetz vorgegeben, möglichst gleiche Bedingungen und Chancen für alle Kinder geschaffen werden."
Das wurde auch bei der Wortwahl beachtet: Im Gesetzestext tauchen die Begriffe "eheliches Kind" und "nichteheliches Kind" nicht auf.

© Zeitungsgruppe Lahn-Dill, den 06.10.1999nach oben