Mehr Ehen, Zahl aber noch weit weg vom Boom zu Beginn der 90er Jahre

1998 waren es 100 weniger als 1993 ­ Landesweit neuen Tiefstand erreicht

Odenwaldkreis. Die Institution Ehe gewinnt wieder an Bedeutung. 488 Heiraten wurden letztes Jahr im Odenwaldkreis registriert, fünf mehr als im Vorjahr. Landesweit wurde dagegen ein neuer Tiefstand erreicht, wie aus den Zahlen des Hessischen Statistischen Landesamts hervorgeht.

»In einer guten Ehe können die Ehepartner sich gegenseitig fördern und unterstützen und manche Krankheit oder Notlage gemeinsam weit besser meistern als allein«, so Prof. Dr. Gerhard Gröner, der frühere Leiter der bevölkerungsstatistischen Abteilung des Statistischen Landesamtes in Stuttgart. In seinem Aufsatz hat Gröner die Entwicklungen in Baden-Württemberg und Bayern analysiert und verglichen. Und ist dabei zu Ergebnissen gekommen, die sich durchaus auch auf Hessen übertragen lassen. Denn obwohl laut Grundgesetz Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen ­ immer weniger Menschen in Deutschland wollen heiraten. Die Zahl der Eheschließungen sinkt von Jahr zu Jahr und hat nicht nur in Bayern und Baden-Württemberg, sondern auch in Hessen einen neuen Tiefstand erreicht. Knapp 32000 Paare schlossen letztes Jahr hier bei uns den Bund fürs Leben, 2,7 Prozent weniger als im Jahr davor und so wenige wie zuletzt im Jahr 1985.

Im Odenwaldkreis wurden letztes Jahr dagegen mehr Paare getraut. Laut Statistischem Landesamt stieg die Zahl der Heiraten um 1,0 Prozent: von 483 im Jahr 1997 auf 488 im letzten Jahr. Im Vergleich zu 1991 verringerte sich die Zahl der Heiraten dagegen um 9,5 Prozent. Insgesamt kamen letztes Jahr in Hessen auf 1000 Einwohner 5,3 Eheschließungen. Wie anders ging es da doch noch vor 40 Jahren zur Sache. Fast doppelt so viele, 9,4 Ehen je 1000 Einwohner, wurden 1960 in Hessen geschlossen. 1970 waren es dann nur noch 7,3 je 1000 Einwohner, fast so wenige wie heute.

Woran aber liegt es, dass die Heiratszahlen zurückgehen? Zwei Faktoren sind laut Prof. Gröner ausschlaggebend: die demographische Komponente und die Verhaltenskomponente, wie die Fachleute sagen. Mit der Demographischen meinen sie Bevölkerungszahl, Alters- und Geschlechtsstruktur. Werden beispielsweise viele Babys geboren, gehen die Statistiker davon aus, dass rund 25 Jahre später auch die Heiratszahlen nach oben schnellen.

Junge Menschen skeptisch

Nicht so einfach ist's mit der Verhaltenskomponente. »Auch bei gleichbleibender Bevölkerungszahl und -struktur kann sich die Zahl der Heiraten verändern, wenn die Heiratsneigung zunimmt oder abnimmt«, so Prof. Gröner. Und genau das ist der Fall. »Die Einstellung vieler junger Leute zu Ehe und Heirat hat sich geändert.« Vor allem junge Leute stehen der Institution Ehe mit wachsender Skepsis gegenüber. Es wird weniger geheiratet und später. Die Gründe dafür sind vielschichtig: »So werden heute ein Zusammenleben von jungen Leuten ohne Trauschein und auch die Tatsache, dass aus solchem Zusammenleben Kinder erwachsen, weitgehend toleriert«, so Prof. Gröner. Dass immer weniger Menschen in jungen Jahren den Bund fürs Leben schließen, liegt auch an längeren und qualifizierteren Ausbildungsgängen. »Auch nach Abschluss der Ausbildung möchte man, wie vom heutigen Arbeitsmarkt gefordert, flexibel und offen sein für räumliche und betriebliche Veränderung.« Dazu komme außerdem der vor allem von Frauen geäußerte Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung.

Und so setzte sich auch in Hessen 1998 die Tendenz zu einem höheren Heiratsalter fort, wie das Hessische Statistische Landesamt in seiner Pressemitteilung schreibt. »Der Anteil der Eheschließungen 20- bis 29-jähriger Männer und Frauen nahm gegenüber dem Vorjahr zugunsten von Brautpaaren höheren Alters ab.« Dennoch waren knapp 54 Prozent der Frauen und rund 38 Prozent der Männer, die sich trauen ließen, noch keine 30 Jahre alt. Zwischen 30 und 50 Jahren waren 54 Prozent der Männer und 42 Prozent der Frauen.

Bei rund 64 Prozent der Eheschließungen waren beide Partner bisher ledig, bei 22 Prozent war ein Partner geschieden oder verwitwet, und bei gut 12 Prozent der Ehen hatten Braut und Bräutigam bereits eine Scheidung hinter sich.

Der Wonnemonat Mai rangierte letztes Jahr übrigens in der Beliebtheitsskala nur noch auf Platz 3. Die meisten Paare heirateten im Juli und August.(krü)