-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Heute im Bundestag Nr. 141
Datum: Wed, 23 May 2007 17:13:58 +0200
Von: <owner-bt-hib@dbtg-newsletter.de>
Antwort an: <vorzimmer.puk2@bundestag.de>
An: <TSochart@vaeter-aktuell.de>


heute im bundestag Nr. 141, Mi, 23. Mai 2007

heute im Bundestag Nr. 141 - Pressedienst des Deutschen Bundestages

Mi, 23. Mai 2007 Redaktionsschluss: 17:00 Uhr
  1. Neuregelung des Asyl- und Ausländerrechts unter Experten umstritten
  2. Meinungen zum Thema "Scheinvaterschaften" gehen auseinander
  3. Experten verlangen mehr Geld für den Schutz von Tropenwäldern



1. Neuregelung des Asyl- und Ausländerrechts unter Experten umstritten

Innenausschuss (Anhörung)
Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Neuregelung des Asyl- und Ausländerrechts (16/5065) wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung im Innenausschuss am Mittwochnachmittag deutlich. Diskutiert wurden dabei Änderungen in den Bereichen Staatsbürgerschaftsrecht, Integration und Datenschutz. Unterschiedliche Auffassungen gab es insbesondere über Integrationskurse, Einbürgerungstest und die Rücknahme der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche. Martin Jungnickel, Leiter des Einbürgerungsdezernates Darmstadt, lobte das Gesetz als "grundsätzlich richtig". Positiv hervorzuheben sei, dass künftig der Einbürgerungsanspruch für Serien-Kleinkriminelle entfalle. Außerdem verhindere das Gesetz den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer EU-Staatsangehörigkeit, was bisher bei verfahrenstechnischen Fehlern des Antragstellers möglich war. Die Kritik an der Rücknahme der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche teile er nicht. Nur wer sich um einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz nicht bemühe sei davon betroffen. Dem widersprach Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Viele junge Erwachsene könnten die Anforderung, ihren Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zu bestreiten, nicht erfüllen. Dies liege jedoch nicht, wie von der Bundesregierung in der Gesetzbegründung unterstellt werde, am fehlenden Bemühen um Ausbildung und Beschäftigung. Vielmehr sei verschärfte Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt der Grund für die hohe Zahl ausländischer Staatsangehöriger ohne Berufsausbildung. Auch Mehmet Kilic, Vorsitzender des Bundesausländerbeirates, kritisierte das Gesetz. Mit hohen Vorraussetzungen wie qualifizierten Sprachkenntnissen und "Gesinnungstests" versuche man Einbürgerung zu erschweren und zu verhindern. Derartige Verschärfungen, so Kilic, beruhten keineswegs auf EU-Vorgaben, so Kilic, der von einem "Ausländerabwehrgesetz" sprach. Das Gesetz, so Volker Roßocha vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bedeute eine Abkehr von der bisherigen Integrationspolitik. Man wolle nach Bildungsstand und sozialer Herkunft selektieren, kritisierte er. Der DGB sehe die Einbürgerung als Bestandteil des Integrationsprozesses an, wogegen das Gesetz darin den Abschluss dieses Prozesses sieht. Das Gesetz enthalte erhebliche datenschutzrechtliche Verschlechterungen, kritisierte der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar. Immer mehr Daten würden erhoben, gespeichert und abgefragt. So würden bei einer Visabeantragung nicht nur die Bürgen, sondern auch "weitere Referenzpersonen" überprüft. Diese in hohem Maße unbestimmte Formulierung entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Normenbestimmtheit und Normenklarheit, so Schaar. Albert Schmid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, bezeichnete die Geschichte der Integrationskurse als "Erfolgsgeschichte". Zwar gebe es auch dabei noch Optimierungsmöglichkeiten, doch müssten diese nicht per Gesetz geregelt werden. Ein erfolgreicher Einbürgerungstest, so Schmid, sei ein gutes Zertifikat auch für den Berufseintritt. Es sei allerdings nötig und sinnvoll, Sanktionen bei Nichtteilnahme an diesen Kursen zu verhängen. Aus verfassungsrechtlicher und völkerrechtlicher Sicht, so erklärte Professor Edzard Schmidt-Jorzig von der Universität Kiel, sei das Gesetz "in Ordnung". Auch wenn insbesondere in datenschutzrechtlicher Hinsicht Probleme vorhanden wären, sei mit verfassungsrechtlichen Beanstandungen nicht zu rechnen.

Zum Seitenanfang

2. Meinungen zum Thema "Scheinvaterschaften" gehen auseinander

Rechtsausschuss (Anhörung)
Berlin: (hib/BOB) Unterschiedlich fielen die Meinungen zum Thema so genannter Scheinvaterschaften bei der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwochnachmittag aus. Die Bundesregierung sieht in einem Gesetzentwurf (16/3291) vor, dass Behörden das Recht bekommen sollen, Gerichte anzurufen, wenn sie den Verdacht haben, dass ein deutscher Mann lediglich formal die Vaterschaft für ein Kind übernommen hat, um die Mutter vor der Ausweisung zu bewahren. Es ist anzunehmen, dass der Mann im Gegenzug eine oft beträchtliche Geldsumme kassiert. Eine Unterhaltspflicht besteht zumeist aber nicht, weil er auf Sozialhilfe angewiesen ist. Berthold Gaaz, ehemals Leitender Ministerialrat aus Celle, hob hervor, der Gesetzentwurf werde der "sensiblen Thematik" durchaus gerecht. Die Befürchtung, eine ganze Personengruppe mit Migrationshintergrund gerate unter "Generalverdacht", schien ihm übertrieben. Das vorgeschlagene Verfahren, das mehrere Prüfungsphasen vorsehe, bevor das Familiengericht mit einer behördlichen Vaterschaftsanfechtung befasst werde, müsse eher als "vorsichtig-zurückhaltend" angesehen werden. Gaaz räumte ein, es bestünden "Unsicherheiten", wenn es darum gehe, die familiären Beziehungen des Vaters zu dem Kind zu überprüfen. Wolle man dem Missbrauch überhaupt entgegentreten, müssten solche Unsicherheiten einkalkuliert werden. Klaus Heinz, Leiter des Fachdienstes Aufenthaltsrecht und Integration des Märkischen Kreises, berichtete, es gebe konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Vaterschaftsanerkennungen unter Umgehung des Rechts instrumentalisiert würden, um ausländischen Bürgern ein Aufenthalts- und Bleiberecht in Deutschland zu verschaffen. Solche Vaterschaftsanerkennungen seien nicht das Ziel der Kindschaftsrechtsreform von 1993 gewesen. Nun werde endlich dem Missbrauch der Vaterschaftsanerkennung ein Riegel vorgeschoben: Mit dem Anfechtungsrecht einer Behörde über das Abstammungsrecht werde eine solche Möglichkeit geschaffen. Professor Tobias Helms von der Universität Marburg sprach von einer "ausgewogenen Lösung". Es könne nicht "ernsthaft bezweifelt werden", dass die Abgabe wahrheitswidriger Vaterschaftsanerkennungen, etwa zu dem Zweck, dass die Mutter eine Aufenthaltsgenehmigung bekomme, ein "erhebliches Problem" darstelle. Das beschränke sich keineswegs auf Einzelfälle: Gespräche mit den Leitern verschiedener Standesämter bestätigten, dass der Verdacht, jemand habe eine "Scheinvaterschaft" übernommen, in den betreffenden Behörden in den letzten Jahren immer wieder im Raum stand. Thomas Meysen vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. meinte, das ausländerrechtliche Anliegen des Entwurfs sei zwar zu unterstützen. Durch die Verzahnung mit dem Familienrecht ergebe sich jedoch eine "hoch problematische" Gemengelage. Mit dem vorliegenden Entwurf werden in äußerst gravierender Weise in Grundrechte der Beteiligten eingegriffen. Angesichts der Tatsache, dass "missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung" bundesweit betrachtet sehr geringfügig sei, erscheine ihm die Verhältnismäßigkeit nicht immer gewährleistet. Im Übrigen würden die Ausländerbehörden "einen Fuß in die Tür" nicht nur der Jugendämter bekommen. Günter Piening, Beauftragter des Berliner Senats für Integration und Migration, sagte, der Gesetzgeber schieße "mit einer ziemlich großen Kanone auf ziemlich kleine Spatzen". Ihm "mache es Angst", wenn im Entwurf davon die Rede sei, dass die vorhandenen Zahlen zwar nicht belegen könnten, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen handele. Auf diesen Umstand verwies auch Rechtsanwalt Dirk Siegfried. Seiner Ansicht nach bleibt damit der gesetzgeberische Handlungsbedarf vollkommen ungeklärt. Er riet deshalb dringend von der Umsetzung des Gesetzentwurfes ab. Auch Rechtsanwalt Hubert Heinhold meinte, die Bundesregierung könne kein empirisches Material vorlegen, das einen gesetzlichen Änderungsbedarf überzeugend begründe. Die realen Missbrauchsfälle machten einen Bruchteil von den genannten rund 2.000 Fällen pro Jahr aus. Diesen geringen Fällen gegenüberzustellen sei die weitreichende Wirkung des Eingriffes in den Schutz der Ehe und Familie und des Kindeswohls. Ähnlich äußerte sich Hiltrud Stöcker-Zafari vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Sie befürchtete, dass einem Generalverdacht binationaler Paare Vorschub geleistet werde und dass das Kindeswohl zu wenig Berücksichtigung fände. Bereits in der Vergangenheit habe ihr Verband die Notwendigkeit bezweifelt, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung zu unterbinden. Er sehe sich nach wie vor in dieser Haltung bestätigt. Sie greife außerdem stark in die Eltern-Kind-Beziehung ein, so Stöcker-Zafari.

Zum Seitenanfang

3. Experten verlangen mehr Geld für den Schutz von Tropenwäldern

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Anhörung)
Berlin: (hib/BES) Die Internationale Gebergemeinschaft muss dringend mehr Geld für den Schutz der Tropenwälder aufbringen und die bürokratischen Hürden bei der Mittelvergabe für Projekte abbauen. Dies haben Waldschutzexperten in einer Anhörung im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Mittwochmittag gefordert. In Vorbereitung auf den G8-Gipfel in Heiligendamm, bei dem der Klimaschutz einer der Schwerpunkte sein soll, wollten sich die Entwicklungspolitiker über neue Finanzierungsinstrumente auf diesem Gebiet und bisherige Erfahrungen mit Tropenwaldfonds, dem "Clean Development Mechanism" (CDM) und der "Globalen Umweltfazilität" (GEF) informieren. "Wir müssen schnell handeln und dürfen nicht bis 2012 warten", sagte Tasso Rezende de Azevedo, Generaldirektor des Forstdienstes im brasilianischen Umweltministerium, im Hinblick auf die vereinbarten Kioto-Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase. Im brasilianischen Parlament gebe es eine "ganz wichtige" Debatte zum Klimaschutz im Zusammenhang mit der Abholzung der Wälder, die 75 Prozent der Treibhausgasemissionen in Brasilien verursachten. Azevedo unterstrich dabei, dass man die Abholzung nicht "als unsinnige Aktivitäten" abtun dürfe. Dies sei ein Entwicklungsmodell, das es auch in den Industrieländern gegeben habe. "Um diesen Trend abzukehren, brauchen wir sehr viel Energie", so Azevedo. Dafür müssten sich die Verbrauchermuster ändern. Brasilien habe inzwischen einen Multisektorplan erarbeitet, an dem 14 Ministerien beteiligt seien. Als konkrete Ergebnisse führte der Umweltpolitiker an, dass eine Million Kubikmeter Holz aus illegaler Abholzung beschlagnahmt und 66.000 Landtiteldokumente entzogen worden seien. In den vergangenen zwei Jahren sei die Abholzung um 50 Prozent zurückgegangen. Es habe sich dabei herausgestellt, dass die Bekämpfung der Abholzung sehr teuer sei. Etwa eine Milliarde US-Dollar koste dies pro Jahr; "mehr als wir erwartet haben". Azevedo beklagte in diesem Zusammenhang, dass die internationale Gebergemeinschaft ihre Versprechungen aus Rio (1992) nur zu 25 Prozent erfüllt habe. Das seien "viel weniger Mittel als notwendig". Alle Finanzierungsinstrumente seien "sehr bürokratisch und langsam". Die Genehmigung dauere bis zu drei Jahren. Notwendig seien nun finanzielle Anreize für den Schutz der Wälder, deren Wert viel deutlicher herausgestellt werden müsste. In die Projekte sollte auch der Privatsektor einbezogen werden; die betroffenen Entwicklungs- und Schwellenländer brauchten außerdem mehr Transfer von moderner Technologie aus den Industrieländern, so die Vorschläge Brasiliens. Aus Sicht von Martin Kaiser (Greenpeace Deutschland) sollten mehr unbürokratische Kleinprojekte gefördert werden. Zur Finanzierung des Tropenwaldschutzes sollte eine Kombination aus öffentlichen Fonds und Marktmechanismen "ausprobiert" werden. Als weitere Finanzierungsinstrumente nannte Kaiser Abgaben auf Devisengeschäfte, Transport und Verkehr, darunter auf Flugtickets, die in Frankreich bereits 200 Millionen Euro im Jahr einbringen. Geschützt werden sollten - so Kaiser - nicht nur die Tropenwälder, sondern auch die Urwälder von Kanada, Skandinavien und Russland, die eine wichtige Funktion als Senken im Klimaschutz erfüllten. Als ein wichtiges Schutzinstrument bezeichnete Kaiser internationale Moratorien. Konkret forderte er ein sofortiges Moratorium auf neue Abholzung für den Sojaanbau in Amazonien und ein weiteres auf Vergabe von neuen Forstkonzessionen in der Demokratischen Republik Kongo. Neue Finanzierungsinstrumente forderte Gerhard Dieterle von der Weltbank. Sie sollten die Standardansätze im Rahmen von Partnerschaften ergänzen. Die Weltbank beschäftige sich intensiv mit der Finanzierung im Waldsektor. Für Aufforstung würden 300 bis 500 Millionen US-Dollar jährlich ausgegeben. Das sei "beachtlich, aber nicht genug", so Dieterle, der auf einen Vorschlag der Weltbank für ein Pilotprogramm "Forest Carbon Partnership Facility" hinwies. Auch nach Meinung von Jon Hutton, Direktor UNEP-World Conservation Monitoring Centre, sei für die Millenniumsentwicklungsziele beim Klimaschutz "bei weitem nicht genug" getan worden. Der Kampf gegen die Abholzung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen sei sehr wichtig. Man müsse aber über die Mechanismen diskutieren und sich auch Gedanken über Risiken machen. So könne der Druck auf andere Länder und Ökosysteme verlagert werden. Möglich sei, dass "perverse" Anreize geschaffen werden - etwa bis 2012 "noch mit aller Macht" abzuholzen. Was den Emissionshandel in der EU angeht, forderte Hutton eine Änderung. Er solle um einen Optionsmechanismus ergänzt werden.

Zum Seitenanfang

Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Dorotheenstraße 100
11011 Berlin
Telefon: 030/2 27-3 56 42
Telefax: 030/2 27-3 61 91
E-Mail: vorzimmer.puk2@bundestag.de
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktionsmitglieder: Dr. Bernard Bode, Dr. Susanne Kailitz, Michael Klein, Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Günter Pursch, Annette Sach, Bernadette Schweda, Sabrina Sperlich, Alexander Weinlein, Siegfried F. Wolf