Wechselmodell nur mit Zustimmung beider Eltern

Lehnt ein Elternteil die Fortführung des Wechselmodells ab und können die Eltern sich nicht darüber einigen, wo das Kind leben soll, so ist eine Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht geboten. Dies gilt selbst dann, wenn das Wechselmodell nach wie vor dem Kindeswohl am besten entspricht.

Die Eltern leben seit Anfang 2009 getrennt. Im Februar 2009 einigen sie sich gerichtlich auf die Betreuung im Rahmen des Wechselmodells. Da es daraufhin zu Unstimmigkeiten kommt, beantragt jeder Elternteil im September 2009 die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich. Ein Sachverständiger kommt zu dem Ergebnis, dass das Wechselmodell fortgesetzt werden soll, da bei-de Eltern gleichermaßen erziehungsgeeignet sind. Das AG weist die Anträge der Eltern zurück. Die Mutter legt Beschwerde ein. Sie ist der Auffassung, dass das Kind durch das Streitpotenzial der Eltern stark belastet ist. Der Vater ist grundsätzlich mit der Fortsetzung des Wechselmodells einverstanden, schließt sich jedoch ihrer Beschwerde an, da die Mutter nicht bereit ist, an der Fortsetzung des Wechselmodells mitzuwirken. Das OLG weist die Beschwerde der Mutter zurück und über-trägt dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Das OLG ist grundsätzlich davon überzeugt, dass das Wechselmodell dem Kindeswohl am besten entspricht, da die angeführten Streitpunkte zwischen den Eltern ihren Ursprung nicht in der Wechselbetreuung des Kin-des haben, sondern im nicht aufgearbeiteten Konflikt auf der Paarebene. Das OLG geht auch nicht davon aus, dass durch eine Übertragung des Sorgerechts oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil die Streitigkeiten zwischen den Eltern weniger werden würden. Gleichwohl ist eine entsprechende Entscheidung aus Rechtsgründen geboten. Der Mutter kann dabei die Fortsetzung des Wechselmodells gegen ihren Willen nicht aufgezwungen werden. Können sich getrennt lebende Eltern über das Sorgerecht oder Teile hiervon nicht einigen, so sieht der Gesetzgeber vor, dass diejenige Regelung zu treffen ist, die dem Kindeswohl am besten entspricht, vgl. § 1671 II Nr. 2 BGB. Auch im Falle von Meinungsverschiedenheiten sieht der Gesetzgeber vor, dass die Alleinentscheidungsbefugnis gern. § 1628 BGB auf einen Elternteil übertragen wird. Nach der Überzeugung des OLG ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater zu übertragen, da dies dem Kindes-wohl am besten entspricht. Denn dieser kann dem Kind günstigere Rahmenbedingungen bieten und ist auch stärker als die Mutter geneigt, beide Eltern in die Betreuung des Kindes einzubinden.

Praxishinweis: Bereits 2007 hat das OLG Stuttgart entschieden, dass es für die Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils an der Ermächtigungsgrundlage fehlt (OLG Stuttgart, NJOZ 2007, 2010). Das OLG Stuttgart betont ausdrücklich, dass ein Wechselmodell nicht dazu geeignet ist, als 'Kompromisslösung' verstanden zu werden.

OLG Düsseldorf - 8. Familiensenat - Beschluss vom 09.03.2011 - 8 UF 189/10 = BeckRS 2011, 07434

NJW Spezial 2011, Seite 485