OLG Naumburg: Feststellung der Unwirksamkeit eines Ehevertrags

ZPO § 256; BGB §§ 138, 1408

Die Klage auf Feststellung, dass ein Ehevertrag unwirksam ist (Wirksamkeitskontrolle), ist unzulässig, wenn die Ehe geschieden oder das Scheidungsverfahren noch rechtshängig ist; der Klage fehlt, da die Leistungsklage zulässig ist, das Rechtsschutzinteresse.

OLG Naumburg, Beschluß vom 23. 8. 2007 - 3 WF 257/07

Zum Sachverhalt:

Die im Jahre 1987 geschlossene Ehe ist geschieden. Der Kl. berühmt sich eines Zugewinnausgleichsanspruchs. Er begehrt die Feststellung, dass der Ehevertrag vom 3. 7. 2001 nichtig ist.

Das AG - FamG - hat den Prozesskostenhilfeantrag des Kl. wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Die Beschwerde des Kl. hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nicht die hinreichende Aussicht auf Erfolg, deren es nach § 114 ZPO in objektiver Hinsicht für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf.

Mit seiner am 22. 5. 2006 beim AG - FamG - eingereichten Klage, begehrt der Kl. festzustellen, dass der Ehevertrag der Parteien vom 3. 7. 2001 vor dem Notar Z, der den Zugewinnausgleich zwischen ihm und der Bekl. für den Fall der Beendigung der Ehe durch einen anderen Fall als durch den Tod ausschließt, unwirksam ist.

Nach § 256 I ZPO kann eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung der Echtheit einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit erhoben werden, wenn der Kl. ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis, die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dieses Rechtsschutzbedürfnis fehlt indes im vorliegenden Falle. Denn die Feststellungsklage ist bereits mangels eines entsprechenden Feststellungsinteresses unzulässig, wenn der Kl. anstatt dessen in zumutbarer Weise eine Leistungsklage erheben könnte (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. [2007], § 256 Rdnr. 7a m.w. Nachw.).

Im Entscheidungsfall ist dem Kl., der seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegenüber der Bekl. mit 56250 Euro beziffert hat, zumutbar, gegebenenfalls durch Vorschaltung einer Stufe zur Auskunft, diesen Anspruch mit der Leistungsklage geltend zu machen. Letzteres gilt um so mehr, als lediglich die Klage auf Leistung, auch als Stufenklage, anders als die Feststellungsklage, die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs hindert.

Im Übrigen gibt die amtsgerichtliche Entscheidung Anlass zu folgenden Anmerkungen:

Im Falle der Erhebung einer Klage auf Zugewinnausgleich könnte dem Kl. Prozesskostenhilfe zu bewilligen sein, böte doch diese Rechtsverfolgung zumindest eine hinreichende, wenngleich nicht abschließend gewisse Aussicht auf Erfolg, deren es nach § 114 ZPO in objektiver Hinsicht für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf.

Mit seiner grundlegenden Entscheidung vom 11. 2. 2005 (BGH, NJW 2005, 2386 = FamRZ 2005, 1444 = DNotZ 2005, 853 = MDR 2005, 1353) hat der BGH Grundsätze für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen (Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB, Ausübungskontrolle nach § 242 BGB) aufgestellt und diese mit der Entscheidung vom 25. 5. 2005 (NJW 2005, 2391 = FamRZ 2005, 1449 = DNotZ 2005, 857 = MDR 2005, 1355) noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Danach hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Vorschriften treten. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die eventuell vorhandenen oder erhofften Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Verabredung verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.

Nach diesen Grundsätzen bestehen Bedenken gegen die Ausgewogenheit des zwischen den Parteien zu Stande gekommenen Ehevertrags aus dem Jahre 2001 und damit nicht unerhebliche Anhaltspunkte für dessen Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit nach § 138 BGB.

So fällt bereits auf, dass der am 3. 7. 2001 zwischen den Parteien notariell geschlossene Ehevertrag nur eine kurze Belehrung über das gesetzliche Ehegüter- und Scheidungsfolgenrecht sowie die Möglichkeit seiner vertraglichen Abbedingung und Änderung enthält, und - unter Hinweis auf die 1987 in B. geschlossene Ehe der Parteien - sodann lediglich und ausschließlich für den Fall einer anderen als durch den Tod beendeten Ehe sowohl den Zugewinnausgleich als auch den Ausgleich nach § 40 FGB zwischen den Parteien ausschließt. Eine Regelung, wie dieser wechselseitige Verzicht der Parteien unter Umständen kompensiert werden soll oder weshalb er überhaupt erfolgt ist, lässt sich der notariellen Urkunde nicht entnehmen.

Des Weiteren war im Jahre 2001 auf dem ausschließlich von der Bekl. erworbenen Hausgrundstück mit Mitteln, die beide Ehepartner vor Änderung über die Regelung über den Zugewinnausgleich während der Ehe erwirtschaftet hatten, ein Einfamilienhaus errichtet worden, welches ebenfalls im Alleineigentum der Bekl. stand. Bedenkt man überdies, dass vor Abschluss des Ehevertrags zur Finanzierung des Objekts ein Baudarlehen in Höhe von rund 180000 DM bei der D-Bank aufgenommen worden war, für dessen Rückzahlung nicht nur die allein wirtschaftlich begünstigte Bekl., sondern auch der Kl., vermutlich gesamtschuldnerisch, einzustehen hatte, so erscheint der vollständige Ausschluss des Zugewinns zu Lasten des Kl. bereits als unverhältnismäßig und unausgewogen.

Diese steigert sich noch, berücksichtigt man die Tatsache, dass der Kl. während der Ehe der Parteien nach den bis zum Jahre 1996 vorgelegten Kontoauszügen über einen Nettoverdienst verfügte, der weit mehr als 3000 DM durchschnittlich monatlich ausmachte. Ferner gibt zu Bedenken, dass der Kl., wenn auch nur durch vereinzelte Kontoauszüge aus den Jahren 2000, 2001, 2002, 2003 und 2004 vereinzelt und noch lückenhaft nachgewiesen hat, dass er seinerseits an die D-Bank in erheblichem Umfange, zuletzt in Höhe von monatlich 542,99 Euro Zahlungen auf das gewährte Hausdarlehen geleistet hat.

Auch die Tatsache, dass die Bekl. ihrerseits für den Fall der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf andere Weise als durch den Tod ebenfalls auf die Zahlung von Zugewinn durch den Kl. verzichtet hat, erlaubt keine abweichende rechtliche Beurteilung der Unausgewogenheit des Ehevertrags. Denn nach dem Vorbringen der Bekl. sei zum damaligen Zeitpunkt auf Grund der angeblich schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Kl. kein Zugewinn und daher kein Ausgleichsanspruch ihrerseits zu erwarten gewesen. Wenn aber, dieser Vortrag als wahr unterstellt, sie in Anbetracht dessen ebenfalls auf einen Zugewinnausgleichsanspruch verzichtet hat, so stellt dies kein reales Äquivalent zu dem erheblichen wirtschaftlichen Verzicht des Kl.dar.

Unbeschadet der sich danach ergebenden Anhaltspunkte für eine Unausgewogenheit des Ehevertrags und der sich hieraus nach § 138 BGB - vorbehaltlich einer abschließenden, detaillierten Bewertung - ergebenden möglichen Nichtigkeit der ehevertraglichen Regelung über den Ausschluss des Zugewinns, kommt auch eine Nichtigkeit derselben wegen einer etwaigen Geschäftsunfähigkeit des Kl. nach § 104 BGB i.V. mit § 105 BGB in Betracht.

Denn sollte sich das Vorbringen des Kl. bewahrheiten, er sei auf Grund Alkoholsucht zum Zeitpunkt der Beurkundung des Ehevertrags am 3. 7. 2001 nicht in der Lage gewesen, die Tragweite seines Handelns zu erkennen, er sei geschäftsunfähig gewesen, dann wäre der wechselseitige Verzicht der Parteien auf den Zugewinnausgleich ebenfalls nach den oben genannten Normen nichtig.

Nach alledem ist dem Kl. zwar für seine Feststellungsklage vom AG im Ergebnis zu Recht die begehrte Prozesskostenhilfe versagt worden, so dass die auf eine entsprechende Korrektur gerichtete sofortige Beschwerde keinen Erfolg hat, indes dürfte ein Prozesskostenhilfeantrag für eine etwaige Klage auf Zugewinnausgleich in Anbetracht der doch insoweit zumindest hinreichenden Erfolgsaussicht einer solchen Prozesskostenhilfe zu bewilligen sein.

(Mitgeteilt vom 3. Zivilsenat des OLG Naumburg)