Menschenrechtsgericht rügt Sorgerechtsentzug für Vater

Finnland muss 10.000 Euro Schmerzensgeld zahlen, weil es Sorgerecht der neuen Lebensgefährtin der Mutter zuerkannt hatte

Straßburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erneut die Vorenthaltung des Sorgerechts für einen Vater als Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz der Familie gerügt. Das Gericht gab am Dienstag einem 51 Jahre alten Briten Recht, der vergeblich das Sorgerecht für seine in Finnland lebenden Kinder beantragt hatte. Zugleich wiesen die Richter die Regierung in Helsinki an, dem Vater 10.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen.

Besuchsrecht nach Tod der Mutter annulliert

Die finnische Ex-Frau des Klägers war 1993 nach ihrer Scheidung mit den damals sechs und vier Jahre alten Kindern nach Finnland gezogen, wo sie mit einer anderen Frau zusammenlebte. Der Vater hatte zunächst ein Besuchsrecht und konnte die Kinder regelmäßig sehen. Nach dem Tod seiner Ex-Frau 1999 beantragte er das Sorgerecht für die Kinder - und erhielt es zunächst. Diese Entscheidung wurde jedoch später annulliert: Das höchste finnische Gericht gab das Sorgerecht der Freundin der verstorbenen Mutter. Der Vater erhielt auch kein Besuchsrecht mehr.

Damit sei jede Beziehung der Kinder zu ihrem leiblichen Vater unterbunden worden, rügte der Menschenrechtsgerichtshof. Das finnische Berufungsgericht habe seine Entscheidung ausschließlich auf den Wunsch der Kinder gestützt, bei der Freundin ihrer Mutter zu bleiben. Die Rechte des Vaters seien nicht in Betracht gezogen worden. Auch sei nicht ausreichend geprüft worden, ob die völlige Trennung der Kinder vom Vater ihrem Wohlergehen diente.

Der Gerichtshof für Menschenrechte hatte bereits wiederholt die Rechte von Vätern gestärkt. So verurteilte das Gericht im Februar 2004 Deutschland, weil einem ledigen türkischen Vater das Sorgerecht für seinen Sohn vorenthalten wurde. In diesem Fall hatte die Mutter das Kind zur Adoption freigegeben. Der Antrag des Vaters wurde mit der Begründung zurückgewiesen, das Kind habe sich mittlerweile an seine Pflegefamilie gewöhnt. (APA/AFP)

23.05.2006

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