Gericht verhilft Vater zu Umgangsrecht mit Sohn
(AFP) vom 29.12.2004

Bundesverfassungsgericht kritisiert Oberlandesgericht Naumburg scharf

Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat einem Vater in einem nun fünf Jahre dauernden Streit erneut zum Umgangsrecht mit seinem nicht ehelich geborenen Sohn verholfen. Das BVG übte in dem in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss zugleich scharfe Kritik am Oberlandesgericht Naumburg, das eine entsprechende Entscheidung des BVG vom Oktober sowie ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ignoriert hatte.

Im dem zu Grunde liegenden Fall streitet der türkische Vater eines 1999 unehelich geborenen Jungen um das Umgangs- und Sorgerecht. Die deutsche Mutter, die bereits zwei uneheliche Kinder von verschiedenen Männern hatte, gab den Sohn Christofer nach der Geburt zur Adoption frei. Seitdem lebt der Junge bei seinen Pflegeeltern, einem Studienrats-Ehepaar. Der leibliche Vater hatte erst Monate später von der Geburt des Kindes erfahren und bemühte sich seitdem in zahlreichen gerichtlichen Verfahren um Umgang mit dem Kind.

Er scheiterte damit aber mehrfach vor dem Oberlandesgericht Naumburg, dass das Wohl des Kindes in der neuen Familie höher bewertete als das Elternrecht des Klägers. Die Straßburger Richter hatten dann im Februar entschieden, dass der Ausschluss seines Umgangsrechts gegen die Menschenrechtskonvention verstößt und der deutsche Staat grundsätzlich verpflichtet sei, auf die Zusammenführung eines leiblichen Elternteils mit seinem Kind "hinzuwirken".

Nachdem das Amtsgericht dem Kläger daraufhin das Umgangsrecht einräumte, hob das OLG dieses Urteil mit der Begründung auf, an Urteile aus Straßburg seien deutsche Gerichte als "unabhängige Organe der Rechtssprechung" nicht gebunden. Auf die Eilklage des türkischen Vaters hatte dann das BVG dieses Urteil aufgehoben und vom OLG gefordert, sich in einem neuen Verfahren mit der Entscheidung des Menschenrechtsgerichtshofs "nachvollziehbar" auseinanderzusetzen. Doch auch dem verweigerte sich das OLG und erklärte sich zunächst nicht für "nicht zuständig".

Nachdem das Amtsgericht dem Vater dann eingeräumt hatte, seinen Sohn jeweils samstags für zwei Stunden sehen zu dürfen, hob das OLG diese Entscheidung am 20. Dezember "wegen drohender Gefährdung des Kindeswohls" wieder auf. Das BVG bezeichnete dies in seiner einstweiligen Anordnung nun als willkürlich und ordnete an, dass der Vater bis zur endgültigen Entscheidung des BVG Umgang mit seinem Kind haben kann.

29. Dezember 2004 - 15.06 Uhr
(AFP)
 

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