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25. – 28. April 1999 |
Auf Einladung von Bundeskanzler Gerhard
Schröder hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi
Annan, der Bundesrepublik Deutschland vom 25. bis 28. April 1999 einen
offiziellen Besuch abgestattet. Generalsekretär Annan traf am Sonntag,
den 25. April abends in Berlin ein. In seiner Delegation befanden sich
u.a. der Exekutivdirektor des UNO-Umweltprogramms (UNEP), Untergeneralsekretär
Klaus Töpfer, der Leiter des UNO-Büros für interne Aufsichtsdienste,
Untergeneralsekretär Karl Theodor Paschke, sowie Beigeordnete Generalsekretär
der UNO-Hauptabteilung für politische Angelegenheiten, Alvaro de Soto.
Am Montag, den 26. April vormittags stattete der Generalsekretär Bundespräsident Prof. Roman Herzog einen Besuch ab, der ihn im Schloß Bellevue mit militärische Ehren empfing. Der Generalsekretär führte mit dem Bundespräsidenten ein 45-minütiges Gespräch, bei dem vor allem die Lage im Kosovo, die Gefahr der Ausbreitung dieses Konflikts, seine sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Folgen, die Aktivitäten der NATO sowie die mögliche künftige Rolle der Vereinten Nationen im Vordergrund standen. |
![]() von links nach rechts: Frau Christiane
Herzog, Generalsekretär Annan,
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In Begleitung des Bundespräsidenten fuhr der Generalsekretär danach in das wiederaufgebaute Hotel Adlon beim Brandenburger Tor, wo er vom Regierenden Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, und dem Geschäftsführer der Partner für Berlin GmbH, Senator a.D. Volker Hassemer, begrüßt wurde. Der Generalsekretär hielt dort die dritte „Berliner Rede", eine Einrichtung, die 1997 von Bundespräsident Herzog ins Leben gerufen wurde. In seiner Rede zum Thema „Die Weltrolle Europas im 21. Jahrhundert" sagte der Generalsekretär: „ Es stimmt natürlich, daß in den ersten 40 Jahren des europäischen Einigungsprozesses nur die westeuropäischen Nationen daran mitwirken konnten. Doch in den letzten zehn Jahren sind auch die mitteleuropäischen Nationen einbezogen worden. Dies ist eine sehr ermutigende Entwicklung." Und der Generalsekretär fuhr fort: „ Das langsame Tempo und die Schwierigkeit des Erweiterungsprozesses der Union sind nur allzu bekannt – und angesichts der Komplexität der damit verbundenen Probleme auch nur zu verständlich. Dieser Prozeß hat sich jedoch schon jetzt als wirkungsvolles Instrument der Vertrauensbildung und der Konfliktverhütung erwiesen." Zur aktuellen Lage im Kosovo sagte der Generalsekretär schließlich: „Wenn die Bewohner des Kosovo in Frieden und Sicherheit und unter voller Achtung der bürgerlichen und politischen Rechte aller leben können, wird das ein Sieg für Europa, für die Vereinten Nationen und für die ganze Menschheit sein. Alles andere könnte als Fehlschlag angesehen werden." (Den vollen Wortlaut der Rede finden Sie in der Pressemitteilung UNIC/162.) |
![]() (UN Photo # MGD 115) |
Im Anschluß an die Veranstaltung
im Hotel Adlon gab der Bundespräsident zu Ehren des Generalsekretärs
ein Mittagessen im Schloß Bellevue.
Danach besuchte der Generalsekretär die „Neue Synagoge" in Berlin. 1866 erbaut, war sie ursprünglich die größte Synagoge Europas. Ihr Wiederaufbau wurde 1995 abgeschlossen. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, und der Direktor der Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum", Hermann Simon, führten den Generalsekretär durch das Gebäude. Am späten Nachmittag flog der Generalsekretär dann nach Dresden zu einem eintägigen Besuch eines der „neuen Bundesländer" Deutschlands, um sich vor Ort einen Eindruck von dem raschen Fortschritt der deutschen Integration zu verschaffen. Nach seiner Ankunft führte der Generalsekretär ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, Prof. Kurt Biedenkopf, über die Entwicklung des Landes. Der Tag schloß mit einem Besuch in der Semper-Oper. |
![]() (UN Photo # MGD 108) |
Am Dienstag, 27. April stand zunächst
ein Gang zum Dresdner Zwinger und zur Gemäldegalerie Alte Meister
auf dem Programm, gefolgt von einer Besichtigung der Frauenkirche, die
– wie ein Großteil der Stadt Dresden – bei den Bombenangriffen in
den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs total zerstört wurde und
nunmehr im Rahmen eines 12jährigen Wiederaufbauprogramms in ihrer
ursprünglichen Form wiederhergestellt wird.
Anschließend fuhr der Generalsekretär zur Technischen Universität Dresden, wo ihm im Rahmen einer akademischen Feier von der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät die Ehrendoktorwürde verliehen wurde. In seiner Dankansprache betonte der Generalsekretär, daß Dresden „zum weltweiten Fanal für den Frieden, für den Widerstand gegen Fanatismus und für das Lernen aus der Vergangenheit" geworden sei. (Den vollen Wortlaut der Rede finden Sie in der Pressemitteilung UNIC/163.) |
![]() Der Rektor der Technischen Universität,
Prof. Achim Mehlhorn,
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Der Generalsekretär nahm dann an
einem ihm zu Ehren von Ministerpräsident Biedenkopf gegebenen Mittagessen
im Schloß Albrechtsberg teil. In einer improvisierten Tischrede sagte
der Generalsekretär: „Wenn es um den Krieg geht, müssen wir alle
sehr vorsichtig sein. Lange Zeit habe ich das allgemeine Sprichwort akzeptiert,
wonach der Krieg eine zu ernste Sache sei, um sie den Generälen zu
überlassen – bis ich als Leiter der UNO-Friedenssicherungseinsätze
selbst mit den Generälen zu arbeiten begann. Die schwierigsten Fragen
über die Einsätze, über militärische Konflikte, wurden
mir dabei von den Generälen gestellt: ‚Wissen Sie wirklich, was Sie
tun? Kennen Sie, Politiker und Diplomaten, die Gefahren, denen Sie unsere
Männer aussetzen?‘ Danach gab es für mich ein anderes Sprichwort:
Kriegserklärungen und der Beschluß zur Anwendung von Gewalt
ist eine zu ernste Sache, um sie den Politikern und den Diplomaten zu überlassen.
Lassen Sie uns daher offen sein, lassen Sie uns miteinander reden, hören
wir den Generälen zu, und den Politikern, und lassen Sie uns die Dinge
gemeinsam klären."
Am Abend kehrte der Generalsekretär nach Berlin zurück, wo er zunächst mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Hans-Ulrich Klose, und Mitgliedern dieses Ausschusses sowie des Unterausschusses Vereinte Nationen zu einem Gespräch zusammentraf und anschließend an einem von Außenminister Joschka Fischer ihm zu Ehren gegebenen Abendessen teilnahm. Zu Beginn des dritten und letzten Tages seines offiziellen Besuches in Deutschland traf der Generalsekretär am Mittwoch, 28. April, mit dem stellvertretenden amerikanischen Außenminister Strobe Talbott zusammen, der ihn über seine jüngsten Gespräche in Moskau zur Kosovo-Krise unterrichtete. Anschließend empfing der Generalsekretär die Leiter der in Deutschland ansässigen UNO-Programme und –sekretariate. An dem Gespräch nahmen teil: der Exekutivsekretär der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, Michael Zammit Cutajar; der Exekutivsekretär der UNO-Konvention gegen Wüstenbildung, Hama Arba Diallo; die Exekutivkoordinatorin des UNO-Freiwilligenprogramms, Sharon Capeling-Alakija; der Exekutivsekretär der Konvention zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten, Arnulf Müller-Helmbrecht; der Registrar des Internationalen Seerechtsgerichtshofes, Gritakumar Chitty; der Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, Jean-Noel Wetterwald, der Vertreter der Weltbankgruppe, Oltmann Siemens; und der Direktor des UNO-Informationszentrums in Bonn, Axel Wüstenhagen. Danach empfing der Generalsekretär den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Prof. Klaus Dicke, und weitere Vorstandsmitglieder, die dem Generalsekretär u.a. den von zahlreichen international orientierter Organisationen der deutschen Zivilgesellschaft ausgearbeiteten deutschen Beitrag zum Millenium-NGO-Forum der Vereinten Nationen überreichten. Der Generalsekretär traf dann mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem Gespräch und einem Arbeitsessen zusammen. Im Anschluß stellten sich der Generalsekretär und der Bundeskanzler der Presse. Der Generalsekretär bestätigte dabei in Beantwortung einer Frage, daß als Kandidat für einen der beiden Sonderbeauftragten für die Friedenssuche auf dem Balkan mit allgemeiner Zustimmung die Wahl auf den slowakischen Außenminister Eduard Kukan gefallen sei. Die drei Kandidaten für den anderen Sonderbeauftragten seien der ehemalige österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky, der ehemalige schwedische Ministerpräsident Carl Bildt und der schweizerische Außenminister Flavio Cotti. |
![]() (UN Photo # MGD 117) |
Am provisorischen Sitz des Auswärtigen
Amtes führte der Generalsekretär danach ein Gespräch mit
Außenminister Joschka Fischer, das sich in erster Linie um die Kosovo-Krise
drehte. Der Außenminister überreichte dem Generalsekretär
auch ein unterzeichnetes Memorandum über die Teilnahme Deutschlands
an den „Stand-by"-Vorkehrungen für den raschen Einsatz von Friedenstruppen.
Auf Wunsch des Ministers gab der Generalsekretär auch einen Überblick
über anstehende Fragen in Afrika.
In einer gemeinsam mit Außenminister Fischer gegebenen Pressekonferenz sagte Generalsekretär Annan, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit habe sich seit dem Beginn der Kosovo-Krise zwar in erster Linie auf die Tragödie der Kosovo-Albaner gerichtet, aber mit der Eskalation des Konfliktes hätten sich die negativen Auswirkungen dieser Krise in der ganzen Subregion verbreitet. In einer im Anschluß veröffentlichten formellen Erklärung wies der Generalsekretär darauf hin, daß „wieder einmal unschuldige Zivilpersonen den Preis für einen ungelösten politischen Konflikt zahlen müssen". Der Generalsekretär rief dazu auf, mit Kühnheit und Kreativität an die Suche nach einer dauerhaften politischen Lösung zu gehen, „die nicht auf dem Schlachtfeld gefunden werden kann". |
![]() Gemeinsame Pressekonferenz im Pressezentrum
des Presse- und
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Am Nachmittag eröffnete der Generalsekretär
und der Außenminister gemeinsam das „Forum Globale Fragen", einer
vom Auswärtigen Amt neu geschaffenen Einrichtung zur Förderung
des Dialogs zwischen der Regierung und der Zivilgesellschaft über
globale Fragen. Der Generalsekretär würdigte die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen
und rief sie zur Unterstützung der im kommenden Jahr stattfindenden
Milleniums-Generalversammlung auf. „Wir leben jetzt in einer Zeit der
immer engeren Partnerschaft. Diese Partnerschaft zwischen den Nichtregierungsorganisationen,
der Privatwirtschaft, den internationalen Organisationen und den Regierungen
ist meiner Meinung nach eine machtvolle Verbindung und dem, was die Zivilgesellschaft
erreichen kann, sind kaum noch Grenzen gesetzt.… Ich freue mich darauf,
in den kommenden Jahren gemeinsam mit Ihnen diese Grenzen auszuloten"
erklärte der Generalsekretär. (Den vollen Wortlaut der Rede finden
Sie in der Pressemitteilung UNIC/164.)
Am späten Nachmittag des 28. April flog der Generalsekretär nach Moskau weiter, wo er mit der russischen Staatsführung die Lage im Kosovo erörterte. * * * * * |
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