Obdachlosigkeit ist männlich
Thomas
 
 

Anstieg um bis zu 20 Prozent
Immer mehr Obdachlose

Der Sparzwang vieler Kommunen und die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt drängt nach Einschätzung des Diakonischen Werks immer mehr Menschen ins soziale Abseits: Die Zahl der Obdachlosen steige, unter den Hilfesuchenden seien mehr junge Menschen und auch mehr Frauen als in den vergangenen Jahren, teilte das Diakonische Werk der EKD mit.
 
Rund 400.000 Menschen in Deutschland haben nach Angaben der Diakonie keine feste Bleibe mehr, rund 20.000 leben ganz auf der Straße. Die Zahl der Obdachlosen werde in diesem Jahr um bis zu 20 Prozent steigen.
 
Hilfebedürftige immer jünger
 
"Der Altersdurchschnitt der Hilfebedürftigen sinkt dramatisch", sagte Wolfgang Gern, Vorsitzender der Evangelischen Obdachlosenhilfe. Waren vor zehn Jahren zumeist über 50-Jährige auf Notunterkünfte angewiesen, seien die Betroffenen heute durchschnittlich 38 Jahre alt. Rund ein Viertel sei sogar jünger als 28 Jahre. Die Gründe dafür sieht Gern in einer restriktiveren Jugendhilfe, dem Mangel an Lehrstellen sowie dem Abbau geschützter Arbeitsplätze.
 
Immer sichtbarer im Straßenbild würden auch obdachlose Frauen. Bundesweit wird ihre Zahl auf 2.500 geschätzt.
 
Überschuldung, Langzeitarbeitslosigkeit oder Trennungskrisen führen nach Einschätzung der Diakonie häufig in Wohnungs- oder Obdachlosigkeit. Viele kleinere Kommunen strichen ihre Hilfsangebote in Zeiten knapper Haushalte so zusammen, dass Betroffene in die Städte abwanderten. Metropolen wie das hoch verschuldete Berlin könnten diese Entwicklung nicht mehr abfedern: In der Hauptstadt bieten in diesem Winter 60 Institutionen Kältehilfe an - im vergangenen Jahr waren es 83.
 
Keine "Wohlstandsinseln" mehr
 
Auch "Wohlstandsinseln" wie der Neckarraum sind nach den Beobachtungen der Diakonie inzwischen von sichtbarer Armut betroffen. In Ballungsgebieten wie München, Stuttgart, Hamburg und im Rhein-Main-Gebiet gebe es offene Wohnungsnot. Hier könnten einkommensschwache Haushalte die Mieten nicht mehr bezahlen.
 
Mit Blick auf die Zukunft geht die Diakonie von einem weiteren Anstieg der Wohnungslosigkeit aus, weil sich der Bestand an Sozialwohnungen weiter verringere. Die Evangelische Obdachlosenhilfe unterhält bundesweit rund 360 Einrichtungen. Die Diakonie ist nach eigenen Angaben der größte Anbieter von Hilfen für Menschen auf der Straße.

Dienstag, 2. Dezember 2003

Quelle:
http://www.n-tv.de/5197354.html