Recht und Praxis Digital

         Mai 1996
 
 
 
 
 

                                   Trennung der Ehegatten und ihre Folgen

                                  Von Richter am OLG Dr. Bernhard Hülsmann, Karlsruhe
 
 

Gliederung

1. Trennung
     1.1 Einführung : Welche Bedeutung und welche Folgen hat die Trennung zwischen Ehegatten?
     1.2 Wann liegt eine Trennung im Rechtssinne vor?
2. Ehegattentrennungs- und Kindesunterhalt
     2.1 Einführung
     2.2 Wer hat einen Unterhaltsanspruch bei Trennung gegen wen?
     2.3 Höhe des Unterhaltsbedarfs
 
 

1. Trennung

1.1. Einführung: Welche Bedeutung und welche Folgen hat die Trennung zwischen Ehegatten?

Nach unserem Recht wird die Ehe auf Lebenszeit geschlossen (§ 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Hierbei ist wesentliches Merkmal der Ehe die eheliche Lebensgemeinschaft, deren übliches Element u.a. die häusliche Gemeinschaft ist.

Auch der Gesetzgeber hat nicht die Augen davor verschlossen, daß in der Realität rund ein Drittel aller Ehen scheitern. Welches die Gründe auch immer sind, in
der Regel zeigt sich das Scheitern der Ehe nach außen hin durch die Trennung der Ehegatten. Wann diese Trennung als Trennung im Rechtssinne anerkannt wird
und welches ihre Folgen für die Ehegatten und deren Kinder sind, hat der Gesetzgeber teilweise detailliert, teilweise nur allgemein geregelt. Nicht jede Trennung
führt auch zur Scheidung der Ehe. Aus unterschiedlichen Motiven leben Ehegatten jahrelang getrennt, ohne daß einer daran interessiert ist, die Scheidung
einzureichen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, Näheres über die Trennung und ihre rechtlichen Folgen zu wissen.

Haben sich die Ehegatten oder hat sich ein Ehegatte zur Trennung entschlossen, weil entweder die eheliche Lebensgemeinschaft für ihn oder für sie nicht mehr zu
retten ist oder ggf. die Trennung als "Überlegungspause" angesehen wird, sind viele Probleme zu beachten:

     Wann liegt eine Trennung im Rechtssinne vor?
     Die Trennung und deren Dauer hat Bedeutung für die Scheidungsvoraussetzungen: Bei einer Trennung von mehr als einem Jahr wird das Scheitern der Ehe
     vermutet, wenn die Ehegatten sich einverständlich scheiden lassen und über bestimmte Scheidungsfolgen einig sind (§ 1566 Abs. 1 BGB, § 630 ZPO); bei
     mehr als dreijährigem Getrenntleben wird unwiderlegbar vermutet, daß die Ehe gescheitert ist (§ 1566 Abs. 2 BGB; siehe unter "Scheidung").
     Sollte das Sorgerecht für die Kinder geregelt werden: Wer erhält dieses bei gerichtlicher Entscheidung unter welchen Voraussetzungen?
     Darf der Ehegatte, der das Sorgerecht nicht erhält, seine Kinder besuchen?
     Welches sind die Voraussetzungen, unter denen ggf. ein Ehegatte sich die frühere ehegemeinsame Wohnung zur Nutzung allein zuweisen kann, so daß der
     andere Ehegatte die Wohnung verlassen muß?
     Ist der Hausrat aufzuteilen und/oder kann ein Ehegatte bestimmte Hausratsgegenstände, die er notwendig braucht, sich zur Nutzung zuweisen lassen?
     Muß Unterhalt für die Zeit der Trennung an den anderen Ehegatten gezahlt werden? In welcher Höhe?
     Wer muß in welcher Höhe Unterhalt für die gemeinsamen Kinder zahlen?
     Wie steht es mit der Krankenversicherung und mit der Altersvorsorge während der Trennungszeit?
     Welche steuerlichen Gesichtspunkte sind zu beachten?

Beachte:
Eine Trennung bedeutet in aller Regel - unabhängig von den emotionalen Auswirkungen - eine finanzielle Verschlechterung beider Ehegatten. Der Lebensstandard,
wie er beim Zusammenleben bestand, kann häufig nur mit zusätzlichem Aufwand aufrecht erhalten werden. Die wirtschaftliche Situation ist gekennzeichnet dadurch,
daß als Folge des Auseinanderfallens in zwei Haushalte erhöhte Haushaltskosten entstehen, insbesondere gilt dies für die als fixe Kosten bezeichneten Ausgaben
der Haushaltsführung, wie Miete, Mietnebenkosten (Wasser, Ausgaben für Energie). Außerdem entstehen Zusatzkosten bei Versicherungen für Haftpflicht,
Hausrat, Rechtsschutz etc.

Weitere trennungsbedingte Nachteile:

     Umzugskosten, Einrichtung des neuen Haushalts
     Kosten für Zweitauto, Urlaubsmehrkosten
     Geringere Möglichkeiten für den sorgeberechtigten Ehegatten, einer Teilzeittätigkeit nachzugehen, da er dann allein das Kind betreut
     Höhere Lohn- und Einkommenssteuerzahlungen, da im Kalenderjahr nach der Trennung kein Ehegattensplitting zulässig.

Hinweis:
Ob eine Trennung wirklich erforderlich ist, läßt sich am ehesten mit Hilfe eines Eheberaters bei den verschiedenen Eheberatungsstellen feststellen. Im übrigen ist es
sinnvoll, sich hinsichtlich der Trennungsfolgen einer Mediation zu bedienen, die heute auch häufig von Eheberatungsstellen vermittelt wird und die hilft,
einvernehmlich einen Ausgleich der Interessen hinsichtlich der Trennungsfolgen zu finden.

1.2 Wann liegt eine Trennung im Rechtssinne vor?

Beachte:
Zweifel daran, ob und wie lange ein Getrenntleben der Ehegatten vorliegt, gehen zu Lasten desjenigen Ehegatten, der aus der Trennung für sich Vorteile herleiten
will, z.B. Trennungsunterhalt verlangen möchte oder sich scheiden lassen will.

1.2.1. Allgemeines

Das Gesetz hat in § 1567 BGB definiert, was es unter "Getrenntleben" versteht: Diese Definition hat Bedeutung für das gesamte bürgerliche Recht, so auch bei der
Frage, unter welchen Voraussetzungen Ehegatten die elterliche Sorge für die Kinder regeln lassen können oder ab wann Trennungsunterhalt verlangt werden kann
(§ 1672 BGB, § 1361 BGB) oder ab wann ein Ehegatte von dem anderen für das bei ihm lebende Kind Kindesunterhalt verlangen kann (§ 1629 Abs. 3 Satz 1
BGB).

Die Trennung fordert dreierlei:

     Die häusliche Gemeinschaft darf nicht mehr bestehen (ein objektiver tatsächlicher äußerer Zustand),
     zusätzlich muß mindestens ein Ehegatte den Willen haben, die häusliche Gemeinschaft nicht herzustellen (subjektives Element),
     und außerdem mindestens ein Ehegatte den Beweggrund haben, die häusliche Gemeinschaft deshalb nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche
     Lebensgemeinschaft ablehnt.

1.2.2. Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft

Zur häuslichen Gemeinschaft gehören vor allem gemeinsames Wohnen, Schlafen, Wirtschaften, Kochen, auch die Pflege gemeinsamer Interessen etc.
("Erscheinungsform der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bereich der räumlich-gegenständlichen Zuordnung").

Da es unterschiedliche Abstufungen des Zusammenlebens gibt (z.B.. ein Künstlerehepaar, das überwiegend an unterschiedlichen Orten auftritt; arbeits- und
berufsbedingter Aufenthalt eines Ehegatten in einer anderen Stadt;"Wochenendehen"), ist es manchmal schwierig zu entscheiden, ob die häusliche Gemeinschaft
aufgehoben ist.

     Entscheidend ist, ob die Ehegatten - von beiden oder von einem von ihnen veranlaßt - das, was sie als den Kern ihrer gemeinsamen Lebensführung
     angesehen haben, nicht mehr aufrecht erhalten, in dem sie die häusliche Gemeinschaft in dem nach den gegebenen Umständen weitestmöglichen Umfang
     aufheben (BGH, FamRZ 1979, 469, 470 und FamZ 1989, 479).

1.2.2.1. Verlassen der ehelichen Wohnung

Kein Problem sind die wohl in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fälle, in denen ein Ehegatte die gemeinsame Wohnung verlassen hat. Es spielt dann keine
Rolle, ob er weiterhin unter der Anschrift der ehelichen Wohnung gemeldet ist, oder ob er noch Schlüssel zu dieser Wohnung hat und ggf. seine Sachen dort lagert
(OLG Hamm, FamRZ 1978, 190).

Gelegentliche Besuche, freundschaftlicher Briefwechsel, Austausch von Zärtlichkeiten schließen hierbei die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nicht aus
(LSK-FamR-Hülsmann 1995, § 1567 Vor Ls 5 m.N.).

Hinweis: Hinsichtlich der mietvertraglichen Auswirkungen kann ein Schreiben wie Muster 1 angebracht sein.

Muster 1

Betreff: .../... wegen Ehewohnung

Sehr geehrte Frau ...,

hiermit zeige ich an, daß ich Ihren Mann vertrete.

Nachdem es zwischen Ihnen erhebliche Spannungen gibt und Sie beide die Trennung wünschen, könnte sich mein Mandant vorstellen, aus der Ehewohnung zu
ziehen. Da jedoch beide Eheleute in dem Mietvertrag als Mieter Vertragsparteien sind, möchte mein Mandant zunächst gesichert wissen, aus seinen
Verpflichtungen aus dem Mietvertrag entlassen zu werden. Voraussetzung für seinen Auszug wäre somit, daß Sie beide bei dem Vermieter auf Entlassung meines
Mandanten aus dem Mietvertrag hinwirken. Sollte der Vermieter sich hierauf nicht einlassen, so wäre zumindest voraussetzung, daß Sie meinen Mandanten im
Innenverhältnis bezüglich der Verpflichtungen aus dem Mietvertrag freistellen. Weiter müßte eine Einigung über die anteilige Auszahlung der Kaution an meinen
Mandanten gefunden werden. Ich darf um eine Stellungnahme zu diesen Fragen bis zum ... bitten.

Mit freundlichen Grüßen

1.2.2.2. Getrenntleben innerhalb der ehelichen Wohnung (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Schwieriger ist, die Trennung im Rechtssinne herbeizuführen, wenn die Ehegatten z.B. aus finanziellen Gründen weiterhin für kürzere oder längere Zeit in der
ehelichen Wohnung bleiben.

     Entscheidend: Es darf kein gemeinsamer Haushalt geführt werden und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten bestehen
     (BGH, FamRZ 1978, 671 = NJW 1978, 1810).

Abgesehen von den nur einmal vorhandenen "lebensnotwendigen" Wohnungseinrichtungen (z.B. Flur, Küche, Toilette, Bad) müssen die übrigen Zimmer der
Wohnung strikt zum getrennten Wohnen und Schlafen aufgeteilt werden (BGH a.a.O.).

Nicht erforderlich für die Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung:

     Ein Ehegatte arbeitet weiter in dem Geschäfts- oder Landwirtschaftsbetrieb des anderen Ehegatten (RGZ 167, 301);
     Einzige Gemeinsamkeit ist der sonntägliche Mittagstisch mit den gemeinschaftlichen kleinen Kindern, wenn dies ausschließlich im Interesse der Kinder
     geschieht, um sie ggf. schonend auf den Auszug eines Elternteils vorzubereiten (OLG Köln, FamRZ 1986, 388; das Einnehmen einer Mahlzeit am Tag mit
     dem gemeinschaftlichen Kind und dem anderen Ehegatten ist "erlaubt" (OLG Karlsruhe, FamRZ 1980, 52).
     Notwendige Hilfsmaßnahmen des einen Ehegatten für den anderen, der auf diese Hilfe wegen seines geistigen Zustandes angewiesen ist, ohne daß weitere
     wesentliche persönliche Berührungen aufrecht erhalten werden, lassen die Annahme einer Trennung gerechtfertigt sein (BGH, FamRZ 1979, 469).

Hinweis: Ein Schreiben wie Muster 2 kann angebracht sein.

Muster 2

Betreff: Ehesache ...

Sehr geehrter Herr ...,

hiermit zeige ich Ihnen an, daß mir Ihre Ehefrau das Mandat erteilt hat. Wie Ihnen ja schon bekannt ist, möchte meine Mandantin sich von Ihnen trennen und später
das Ehescheidungsverfahren duchführen. Voraussetzung für die Ehescheidung wird sein, daß die Eheleute ein Jahr lang getrennt leben. Dies ist auch innerhalb der
Ehewohnung möglich. Voraussetzung hierfür ist eine weitestgehende getrennte Haushalts- und Lebensführung innerhalb der Ehewohnung. Meine
Mandantin legt Wert darauf, daß dieses Trennungsjahr umgehend eingeleitet wird. Aus diesem Grunde schlägt sie bis zur räumlichen Trennung die
nachfolgende Aufteilung der Ehewohnung vor.

Meine Mandantin wird im ...-zimmer und Sie im ...-Zimmer schlafen. Das ...-zimmer, die Küche und das Bad stehen für beide zur Nutzung zur Verfügung.

Weiter ist erforderlich, daß eine getrennte Haushaltsführung erfolgt. Meine Mandantin wird daher für Sie keine Arbeiten im Haushalt mehr erbringen.

Darüber hinaus muß künftig getrennt gewirtschaftet werden. Aufgrund der uns vorliegenden Unterlagen gehen wir davon aus, daß monatlich ein
Ehegattenunterhalt von DM ... und ein Kindesunterhalt von DM ... zu zahlen ist, also insgesamt DM ... Ich darf darum bitten, beginnend ab sofort in dieser
Höhe Unterhalt zu leisten und setze Sie hiermit in Verzug. Sofern Sie weiterhin für die die Familie betreffenden Fixkosten aufkommen, kann der meine Mandantin
und das gemeinsame Kind betreffende Anteil als Naturalunterhalt gewertet werden. Damit wir den darüber hinaus noch zu zahlenden Barunterhalt berechnen
können, darf ich darum bitten, uns bis zum .l.. im einzelnen aufzulisten, in welcher Höhe Sie künftig für welche Fixkosten aufkommen werden. Weiter darf
ich darum bitten, innerhalb dieser Frist uns mitzuteilen, in welcher Höhe Sie die Unterhaltsansprüche akzeptieren.

Mit freundlichen Grüßen

1.2.3. Trennung beim Fehlen einer häuslichen Gemeinschaft

Bei Ehen, die ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt geführt werden (z.B. "Wochenendehen", Ehe mit Strafgefangenen, Künstlerehen) kommt es für die
Frage der Trennung entscheidend auf den "Trennungswillen" an, der sich auf die bisherige Form der praktizierten oder verabredeten Lebensgemeinschaft der
Ehegatten z.B. Besuche, gemeinsame Reisen, Briefe beziehen muß (unten 1.2.4).

1.2.4. "Trennungswille" (Ablehnung der häuslichen Gemeinschaft)

Allein die räumliche Trennung reicht für das Getrenntleben nach § 1576 BGB nicht aus. Hinzu kommen muß der Wille mindestens eines Ehegatten, mit dem
anderen nicht mehr zusammenleben zu wollen, auch wenn die Verhältnisse dies gestatten. Dieser Trennungswille muß nach außen hin erkennbar sein. Der
trennungswillige Ehegatte muß diese Absicht unmißverständlich zu erkennen geben (BGH, FamRZ 1909, 479 = NJW 1989, 1988). So muß z.B. bei
berufsbedingter Abwesenheit der Ehegatten ein Ehegatte dem anderen erklären, er wolle mit ihm nicht mehr zusammenleben. Fraglich ist, ob z.B. bei Strafhaft die
Einstellung des Briefwechsels ausreicht (so BGH, FamRZ 1957, 118). Bei unfreiwilliger haftbedingter Trennung kann z.B. der Trennungswille zweifelsfrei in der
Erhebung der Scheidungsklage angenommen werden (OLG Bamberg, FamRZ 1981, 52).

1.2.5. Hindert ein Wieder-Zusammenleben für bestimmte Zeit die Trennung?

Da die Dauer der Trennung auch wichtig ist für die Scheidung (bei länger dauernder Trennung wird das Scheitern der Ehe vermutet und die Scheidung ist damit
unter leichteren Voraussetzungen möglich: oben 1.1 und Stichwort: "Scheidung") kann ein Ehegatte, der den Versuch unternimmt, sich wieder zu versöhnen, Gefahr
laufen, hierdurch Nachteile zu erleiden, indem durch das Wiederzusammenleben ggf. die bisherige Trennungszeit unerheblich würde und der Lauf einer neuen Frist
erst nach erneuter Trennung beginnt. Das Gesetz will dem versöhnungsbereiten Ehegatten helfen und bestimmt in § 1567 Abs. 2 BGB, daß ein Zusammenleben
über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, nicht eine neue Trennungsfrist beginnen läßt. Es ist also so anzusehen, als ob die Trennung nicht
unterbrochen wäre.

Beachte:
Eine "kürzere Zeit" liegt in der Regel dann nicht mehr vor, wenn die Ehegatten länger als drei bis vier Monate wieder zusammengelebt haben
(LSK-FamR-Hülsmann, § 1567 Ls 20 ff.).

Das Zusammenleben soll der Versöhnung dienen, d.h. die Ehegatten wollen während des Zusammenlebens prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Versöhnung
gegeben sind oder geschaffen werden können. Es können auch andere Motive zusätzlich für das Zusammenleben wichtig sein. Als Motiv allein reicht jedoch nicht
aus, z.B. im Interesse eines erkrankten Kindes zusammenzuleben, ohne daß gleichzeitig Versöhnungsabsicht besteht.

2. Ehegattentrennungs- und Kindesunterhalt

2.1. Einführung

Am häufigsten treten wohl nach der Trennung Fragen der Finanzierung des weiteren Lebens auf. Hierbei ist es wichtig zu wissen: Nur wenige gesetzliche
Bestimmungen regeln verhältnismäßig allgemein den Unterhalt und überwiegend wird das Unterhaltsrecht durch die Rechtsprechung geformt. Zur Vereinheitlichung
werden in der Rechtsprechung vielfach Tabellen bzw. Quoten und Schlüssel angewandt, wobei die Tabellen heute in erster Linie für die Bestimmung der Höhe des
Kindesunterhalts dienen.

Stellt sich anläßlich der Trennung die Frage nach Unterhalt, sind insbesondere folgende Punkte zu beachten:

     Wer hat Anspruch auf Unterhalt (Unterhaltstatbestand; Unterhaltsberechtigte)?
     In welcher Höhe kann der Unterhaltsberechtigte Unterhalt verlangen (Unterhaltsbedarf)?
     Was muß er sich ggf. auf seinen Bedarf anrechnen lassen, d.h. welche Einkünfte zählen für den Unterhalt ("unterhaltsrechtlich relevantes" Einkommen)?
     Sind sozialstaatliche Leistungen z.B. Kindergeld, BAföG, auf den Unterhaltsanspruch (in welcher Höhe?) anzurechnen?
     Muß zunächst das Vermögen verwertet werden, bevor der Berechtigte Unterhalt verlangen kann?
     Wie erfahre ich, wie hoch das "unterhaltsrechtlich relevante" Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist, um den Unterhaltsanspruch berechnen zu können
     (Auskunft)?
     In welchen Fällen muß derjenige, von dem Unterhalt verlangt wird, nicht zahlen (mangelnde Leistungsfähigkeit; Selbstbehalt)?
     Wann wird ein sog. fiktives Einkommen angerechnet, d.h. der Unterhaltspflichtige oder Unterhaltsberechtigte so behandelt, als habe er tatsächlich Einkünfte
     in bestimmter Höhe?
     In welcher Reihenfolge ist Unterhalt zu zahlen, wenn mehrere Unterhalt verlangen? Ist die Unterhaltszahlung ggf. anteilig zu kürzen (Rangfolge,
     Mangelfallberechnung)?
     Ab welchem Zeitpunkt kann Unterhalt verlangt werden (Mahnung, Verzug)?
     Gibt es eine feste Obergrenze für den Unterhalt (Sättigungsgrenze)?
     Muß der Unterhaltspflichtige unvorhergesehenen hohen Bedarf, z.B. anderweitig nicht gedeckte Krankenhauskosten oder Zahnarztkosten, zahlen
     (Sonderbedarf)?
     Wie lange müssen Eltern an ihre volljährigen in Ausbildung befindlichen Kinder Unterhalt zahlen?
     In welchen Fällen ist der Unterhalt nicht nur in bar zu zahlen (Art und Weise der Unterhaltszahlung)?
     In welchen Fällen kann der Unterhaltspflichtige den Unterhalt zeitlich begrenzen oder deren Unterhaltsberechtigten entgegenhalten, daß der Anspruch z.B.
     wegen Fehlverhaltens ausgeschlossen ist (Einwendungen gegen den Unterhaltsanspruch)?
     In welchen Fällen sind Unterhaltsvereinbarungen zulässig und sinnvoll und wie sind sie zu gestalten?
     Wer kann den Unterhaltsanspruch für ein minderjähriges Kind geltend machen (gesetzliche Vertretung, Prozeßstandschaft)?
     Wie wird ein Unterhaltsanspruch bei Weigerung des Unterhaltspflichtigen durchgesetzt (Verfahrensrecht)?

2.2. Wer hat einen Unterhaltsanspruch bei Trennung gegen wen?

2.2.1. Ehegattentrennungsunterhalt

Leben die Ehegatten getrennt, so kann derjenige von beiden, der kein oder ein geringeres Einkommen hat gem. § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB den nach den
ehelichen Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.

Voraussetzung ist also das völlige Getrenntleben bei bestehender Ehe. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich nach § 1567 BGB (oben 1.2.).

Ob die Ehegatten vorher tatsächlich zusammengelebt haben und die Trennung durch Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft herbeigeführt wurde oder ob sie von
Anfang an getrennt gelebt haben, ist unerheblich (BGH, FamRZ 1982, 573 = NJW 1982, 1460).

Der Anspruch besteht auch dann, wenn die Ehegatten zu keinem Zeitpunkt ihres Zusammenlebens eine wirtschaftliche Gemeinschaft gebildet haben, sondern
durchgehend mit getrennten Kassen gewirtschaftet haben (BGH, FamRZ 1985, 376 = NJW 1985, 1345).

Auch bei langer Dauer der Trennung kann der Anspruch auf Trennungsunterhalt bestehen. Bei extrem langer Trennung, z.B. mehr als 30 Jahre nach nur ganz
kurzer Zeit des Zusammenlebens, kann ggf. der Unterhaltsanspruch ausgeschlossen werden oder die Höhe verringert werden (BGH, FamRZ 1986, 244 = NJW
1986, 718).

Haben die Ehegatten bei Trennung einen Rechtsstreit geführt und wurde für einen Ehegatten Unterhalt festgesetzt oder haben sie sich in einem Vergleich über einen
Unterhaltsanspruch geeinigt, so erlischt der Anspruch, wenn die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufnehmen. Trennen sie sich dann erneut, so
gilt das alte Urteil oder der Vergleich nicht mehr. Der nunmehr geschuldete Trennungsunterhalt ist erneut zu bemessen (OLG Düsseldorf, FamRZ 1992, 943 =
NJW 1992, 2166; OLG Stuttgart, FamRZ 1982, 1012).

Beachte:
Grundsätzlich spielt es keine Rolle für die Frage, ob ein Unterhaltsanspruch bei Trennung gegeben ist, aus welchen Gründen sich die Ehegatten getrennt haben und
ob ein "Trennungsverschulden" besteht. Dies kann allenfalls bei der Frage geprüft werden, ob ein grundsätzlich gegebener Anspruch z.B. wegen Fehlverhaltens
ausgeschlossen oder dessen Höhe herabgesetzt werden kann (§ 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 6 BGB; BGH, FamRZ 1979, 569 = NJW 1979, 1348).

Wichtig:
Trennungsunterhalt ist nur bis zum Tag der Scheidung zu zahlen, d.h. bis das Scheidungsurteil rechtskräftig wird (BGHZ 103, 62 = FamRZ 1988, 370 = NJW
1988, 1137; BGHZ 109, 211 = FamRZ 1990, 283).

Nach der Meinung des Bundesgerichtshofs sind Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt nicht identisch, so daß ein Urteil oder ein Vergleich über den
Unterhaltsanspruch während der Trennung der Ehegatten nicht den Unterhaltsanspruch nach Scheidung der Ehe umfaßt. Die von den Ehegatten mit der
Eheschließung füreinander übernommene Verantwortung sei in der nachehelichen Unterhaltspflicht gegenüber der Unterhaltspflicht während der Trennung
abgeschwächt (BGH, FamRZ 1981, 242). Der Ehegatte, der nachehelichen Unterhalt benötigt, soll diesen im Scheidungsverbundverfahren geltend machen oder
den Trennungsunterhalt durch eine einstweilige Anordnung in Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren regeln lassen (§ 620 Nr. 6 ZPO). Die einstweilige
Anordnung gilt, wenn sie nicht bis zur Rechtskraft des Scheidungsausspruchs beschränkt wird, über diese hinaus (§ 620 f. ZPO). Die Ehegatten können auch in
einem Vergleich während der Trennungszeit vereinbaren, daß der dort geregelte Unterhalt über die Scheidung hinaus gelten soll. Dies muß aber ausdrücklich
vermerkt sein.

2.2.2. Kindesunterhalt

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 BGB). Das Kind kann also grundsätzlich von den Eltern den Unterhalt
verlangen.

Der Elternteil, der das minderjährige Kind nicht betreut, muß den Unterhalt in bar, den sog. Barunterhalt, für das minderjährige Kind zahlen (§ 1606 Abs. 3
Satz 2 BGB). Das Gesetz geht davon aus, daß die Betreuung des Kindes durch einen Elternteil der Leistung des finanziellen Bedarfs des Kindes (Barunterhalt)
gleichsteht. Beide Elternteile erfüllen jeweils - der eine durch die Betreuungsleistung, der andere durch die Barzahlung - ihren in der Regel gleichwertigen Anteil zum
Unterhaltsbedarf des Kindes.

Dieser Regelfall, daß Betreuung und Barunterhalt gleichwertig sind, liegt nicht mehr vor, wenn der betreuende Elternteil ein erheblich höheres Einkommen als der
andere Elternteil hat, der Barunterhalt zahlen muß, und dies zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde (BGH, FamRZ
1980, 994 = NJW 1980, 2306). Dann kann auch der betreuende Elternteil (teilweise) zum Barunterhalt beitragen müssen (im einzelnen unten ...).

Anders ist es bei volljährigen Kindern. Die Betreuung des Kindes endet mit dessen Volljährigkeit (BGH, FamRZ 1988, 1039). Danach ist im Regelfall der
Grundsatz der Gleichwertigkeit von Betreuungs- und Barunterhalt ohne Bedeutung. Ab der Volljährigkeit müssen beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommens-
und Vermögensverhältnissen für den Unterhalt aufkommen (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB: "Mehrere gleichnahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und
Vermögensverhältnissen."). Dies gilt auch, wenn das Kind weiterhin bei einem Elternteil lebt und sich z.B. in Ausbildung befindet (BGH, FamRZ 1985, 50 und
1988, 1039; a.A. aber OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 1029; OLG Hamm, FamRZ 1991, 973 = NJW-RR 1991, 903). Anders ist es bei einem behinderten
volljährigen Kind, für das ein Elternteil ein Teil der Pflege und Betreuung übernommen hat. Dieser Elternteil soll in geringerem Umfang als der andere zum
Barunterhalt herangezogen werden (BGH, FamRZ 1983, 689 = NJW 1983, 2082; 1985, 917 = NJW 1985, 2590). Im einzelnen zur Haftungsquote der Eltern
beim Kindesunterhalt unten .....

2.3. Höhe des Unterhaltsbedarfs

2.3.1. Trennungsunterhalt

Für die Höhe des Trennungsunterhalts - ebenso wie grundsätzlich für den nachehelichen Unterhalt - ist Maßstab der Lebensstandard, den die Ehegatten bisher
hatten. Der angemessene Unterhalt bestimmt sich nämlich "nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten" (§ 1361
Abs. 1 Satz 1 BGB § 1578 Abs. 1 BGB), also "den ehelichen Lebensverhältnissen".

Beachte:
Im Unterhaltsrecht wird unterschieden zwischen dem sog. Elementarunterhalt, d.h der Unterhalt, der für die Erfüllung des laufenden täglichen Bedarfs einschließlich
des Wohnbedarfs bestimmt ist, dem sog. Krankheitsvorsorgeunterhalt und dem Altersvorsorgeunterhalt. Ist ein Scheidungsantrag zugestellt, so muß von diesem
Zeitpunkt an der Unterhaltspflichtige auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters und der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zahlen
(Altersvorsorgeunterhalt; § 1361 Abs. 1 Satz 2, § 1578 Abs. 3 BGB).

2.3.1.2 Eheliche Lebensverhältnisse als Maßstab für die Höhe des Bedarfs

2.3.1.2.1. Eheliche Lebensverhältnisse; Änderungen nach Trennung

2.3.1.2.1.1. Eheliche Lebensverhältnisse

Das Maß des Unterhalts für den geschiedenen Ehegatten richtet sich nach den "ehelichen Lebensverhältnissen" (oben 2.3.1). Der Gesetzgeber wollte mit dieser
Regelung erreichen, daß der Unterhaltsberechtigte finanziell so gestellt wird wie zu Zeiten der "intakten" Ehe, also vor der Trennung. In der Praxis ist das nicht
durchführbar, da jede Trennung erhöhte Kosten mit sich bringt (oben 2.1.).

Die Rechtsprechung hat bestimmte Grundsätze aufstellt, wie die ehelichen Lebensverhältnisse zu bestimmen sind und wie eine etwaige Änderung der
Lebensverhältnisse nach der Trennung sich auf die Höhe des Unterhalts ggf. auswirken. Welche Umstände die "ehelichen Lebensverhältnisse" prägen, ist im Gesetz
nämlich nicht näher definiert, es fehlt auch an einer gesetzlichen Festlegung des insoweit maßgeblichen Zeitpunktes.

Die ehelichen Lebensverhältnisse werden geprägt:

     im wesentlichen durch das in der Ehe zur Deckung des Lebensbedarfs verfügbare Einkommen der Ehegatten (BGH, FamRZ 1984, 356 = NJW 1984,
     1537),
     bei Erwerbstätigkeit eines Ehegatten von dessen Einkommen,beide Ehegatten nehmen grundsätzlich in gleicher Weise hieran teil (BGH, FamRZ 1984,
     356 = NJW 1984, 1537).
     bei Erwerbstätigkeit beider Ehegatten vom gemeinsamen Einkommen; bei unterschiedlich hohen beiderseitigen Einkünften sind nicht dementsprechend
     die ehelichen Lebensverhältnisse für die beiden Ehegatten jeweils unterschiedlich zu beurteilen (BGH, FamRZ 1981, 241 = NJW 1981, 753),
     Nicht entscheidend das vor der Trennung bezahlte Haushaltsgeld, sondern die aktuellen Einkommensverhältnisse, da die Ehegatten an der Entwicklung der
     wirtschaftlichen Verhälnisse bis zur Scheidung gemeinschaftlich teilnehmen (BGH, FamRZ 1990, 283 = NJW-RR 1990, 323),
     ausschlaggebend bei Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse, ob die Einkünfte tatsächlich zur teilweisen Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung
     stehen und dafür eingesetzt werden, bzw. bei Anlegung eines objektiven Maßstabs eingesetzt werden können (BGH, FamRZ 1986, 780 = NJW-RR 1986,
     1002),
     maßgeblich zur Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse sind nur regelmäßige und nachhaltig erzielte dauerhafte Einkünfte, die den ehelichen
     Lebensstandard tatsächlich geprägt haben (das "in der Ehe verfügbare Einkommen" (BGH, FamRZ 1983, 678) = das "verteilungsfähige Einkommen"
     (BGH, FamRZ 1988, 259, 262) = das Einkommen, das allein "für den Unterhalt zur Verfügung gestanden hat" (BGH, FamRZ 1985, 374, 375) = alle
     "unterhaltsrelevanten Einkünfte" (unten 2.3.1.2.2.)).

Nicht zu berücksichtigen für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse und damit für die Höhe des Bedarfs:

     Einkünfte aus überobligatorischer, unzumutbarer Arbeit (BGH, FamRZ 1988, 256 = NJW-RR 1988, 519), denn derjenige, der die unzumutbarer
     Erwerbstätigkeit ausübt, ist unterhaltsrechtlich nicht gehindert, sie jederzeit zu beenden und damit kann bei diesen Einkünften nicht auf ein nachhaltig
     erzieltes, dauerhaftes Einkommen abgestellt werden (BGH, FamRZ 1983, 146 = NJW 1983, 933).

2.3.1.2.1.2 Auswirkungen von Änderungen der ehelichen Lebensverhältnisse nach Trennung:

Grundsatz:
Änderungen der ehelichen Lebensverhältnisse wirken sich auf die Höhe des Bedarfs aus, sofern sie nicht auf einer unerwarteten, vom normalen Verlauf
erheblich abweichenden Entwicklung beruhen. Dies gilt nicht nur für die von den Ehegatten jeweils erzielten Einkünfte, sondern auch für alle sonstigen
Umstände, die die Einkommensverhältnisse mitbestimmen, z.B. Veränderungen im Ausgabenbereich (BGH, FamRZ 1982, 575 = NJW 1982, 2063).

Einkommensminderungen, die auf freiwilligen beruflichen oder wirtschaftlichen Dispositionen des Unterhaltspflichtigen beruhen, etwa durch einen
Berufswechsel, den der Unterhaltsberechtigte hinnehmen muß, verringern nicht ohne weiteres die Höhe des Bedarfs. Der Unterhaltspflichtige hat nämlich in einem
solchen Fall in zumutbarer Weise dafür vorzusorgen und sicherzustellen, daß er Unterhalt auch bei geringeren Einkünften zahlen kann (BGH, FamRZ 1988, 145,
147). Erst dann, wenn eine derartige Vorsorge nicht oder nicht in vollem Umfang möglich ist, kann ggf. dem Unterhaltsberechtigten ein vorübergehendes Absinken
des ehelichen Lebensstandards zuzumuten sein. Voraussetzung hierfür ist, daß bei der Abwägung der Interessen des Unterhaltsberechtigten und des Verpflichteten
dasjenige des Unterhaltspflichtigen an der beruflichen Veränderung überwiegt (BGH, FamRZ 1988, 256).

Aber: Hat der Unterhaltspflichtige unter Verletzung seiner Pflicht, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen, die Einkommensminderung selbst
herbeigeführt (z.B. er arbeitet ohne ausreichenden Grund nur noch halbtags) und ist davon auszugehen, daß diese Verringerung nicht nachhaltig ist, weil der
Unterhaltsverpflichtete es selbst in der Hand hat, seine Einkünfte durch Erweiterung seiner Erwerbstätigkeit zu steigern, dann kann er nicht die für die Bemessung
des Unterhalts maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten verändern. Die Lebensverhältnisse sind dann nach dem
erzielbaren Einkommen des Pflichtigen zu bemessen (BGH, FamRZ 1992, 1045).

Nimmt ein Ehegatte nach der Trennung eine Erwerbstätigkeit auf oder weitet eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit aus, so wirken sich die hieraus zusätzlich
erzielten Einkünfte auf die Höhe des Bedarfs nur aus, wenn die Erwerbstätigkeit auch ohne die Trennung der Ehegatten aufgenommen bzw. erweitert wäre (BGHZ
89, 108 = FamRZ 1984, 149 = NJW 1984, 292). Anders, wenn die Aufnahme oder Ausweitung der Erwerbstätigkeit eines Ehegatten schon während des
Zusammenlebens der Ehe geplant oder vorauszusehen war (BGH, FamRZ 1986, 783 = NJW 1987, 58), die damit erzielten Einkünfte wirken sich dann auf die
Höhe des Bedarfs aus.

Trennungsbedingte Veränderung der Steuerklasse. Die Besteuerung nach der Steuerklasse I als Folge von Trennung (während der "intakten" Ehe wird der in
der Regel höher verdienende Ehegatte nach Steuerklasse III (Splitting-Tabelle) besteuert) und das damit verbundene Sinken der Nettoeinkünfte ist von beiden
Ehegatten gleichermaßen zu tragen und der so verursachte Rückgang der Einkünfte bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen (BGH, FamRZ 1988, 817 =
NJW 1988, 2101).

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