Unterschiede des Umgangsrechts in Gesetz und Wirklichkeit

Laut Gesetz haben auch die Väter nicht ehelicher Kinder ein Recht, regelmäßig mit ihren Kindern zusammen zu sein. Dennoch hat ein verhinderter Vater seinen Sohn seit Jahren nicht gesehen. Nun hat er sich mit einer Petition an den Bundestag gewandt.

Von Sonnhild Maier

Ein Vater versteht die Welt nicht mehr. Nichts anderes möchte er, als für seinen inzwischen acht Jahre alten Sprössling da zu sein, ihn zu sehen, in seiner Entwicklung zu begleiten, ihm Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke zu überreichen. Doch seit fast vier Jahren geht das nicht. Und das, obwohl seit einer Gesetzesänderung vom Juli 1998 auch uneheliche Väter ein verbrieftes Recht auf den Umgang mit ihrem Kind haben.

War es zuvor hauptsächlich vom Belieben der Mutter abhängig, ob ein unehelicher Vater nicht nur zahlen musste, sondern sich auch um sein Kind kümmern durfte, sieht das Gesetz inzwischen vor, dass das Umgangsrecht nur aufgehoben werden kann, wenn bewiesen wurde, dass der Kontakt zum Vater schädlich für das Kind ist.

Doch noch immer scheinen Väter nahezu unendlich viel Geduld zu brauchen bis sie ihre Ansprüche durchsetzen können, wenn die Mütter das nicht wollen. Und womöglich, so befürchtet der betroffene Vater, müssen sie so lange warten, bis es für die Beziehung zwischen Vater und Kind zu spät ist.

Im vorliegenden Fall haben sich die nicht miteinander verheirateten Eltern vor vier Jahren getrennt. Die Mutter des Kindes ging zu einem Rechtsanwalt. Der half der Frau dabei, den Vater in seinem Bestreben, das Kind zu sehen, kräftig zu behindern. Zudem wurde der Mann mit Anzeigen überhäuft, die sich zwar allesamt als haltlos erwiesen, aber geeignet waren, den Vater vor Gericht in ein schlechtes Licht zu rücken.

Während der Vater einen Antrag nach dem anderen stellte, um seinen Sohn sehen zu dürfen, zog die Mutter des Kindes mehrfach um. Wechselnde Gerichtsstände ergaben immer weitere Verzögerungen. Viel Papier wurde bewegt und die Kosten schnellten in die Höhe - "aber das war auch alles'', so der verhinderte Vater. Der erklärt, inzwischen mehr als 45000 Mark an Anwalts- und Gerichtskosten sowie mehr als 20000 Mark an Unterhalt bezahlt zu haben. Und das alles, ohne seinen Sohn auch nur ein einziges Mal zu Gesicht zu bekommen.

Treffe man sich vor Gericht, so behaupte die Mutter, das Kind wolle seinen Vater und seine Halbgeschwister, die beim Vater leben, nicht sehen. Das jedoch entspricht nach Überzeugung des Vaters nicht dem Willen des Kindes, sondern nur dem seiner Mutter. Im Bestreben, ihm den Sohn zu entfremden, nenne sie das Kind inzwischen bei einem anderen Vornamen als den, auf welchen der Bub getauft wurde. Nichts mehr soll an den leiblichen Vater erinnern.

Darin sieht der Vater eine Art seelischen Kindesmissbrauch, der dem Buben sein Identitätsgefühl raube und später womöglich schwer wiegende psychische Folgen haben könne. All dies hat der Vater bei Gericht vorgetragen. Sehen konnte er sein Kind dennoch nicht. Nicht einmal die Übergabe eines Geburtstagsgeschenks sei ihm erlaubt worden, so der von der Justiz enttäuschte Mann.

Immer wieder sei er vertröstet oder abgeblockt worden. Auf eine Petition an den Bundestag erhielt er die Antwort, das Umgangsrecht, das er wünsche, sei doch längst Gesetz. Der zuständige Richter reagierte auf die Petition, indem er ihr Ziel ins Gegenteil verkehrte: Er lässt nun zuerst ein Sachverständigengutachten erstellen, um dann über ein Umgangsrecht zu entscheiden. Anstatt, wie es das Gesetz vorsieht, das Umgangsrecht zunächst zu ermöglichen. Durch diesen Beschluss wird der Kontakt zwischen Vater und Kind Jahre nach dem ersten Antrag des Vaters um mindestens ein weiteres halbes Jahr hinausgeschoben.

Inzwischen überlegt der Vater, ob es eine weitere Petition braucht, um seinem Sohn wenigstens ein Weihnachtsgeschenk überreichen zu dürfen.

Übrigens: der Vater ist ein angesehener Kinder- und Jugendtherapeut.

19.09.2000
www.stuttgarter-zeitung.de