Freitag, 27. April 2001
Konflikte lassen sich fair lösen

Unabhängige Mediatoren schlichten auch in M-V zwischen Streitparteien

In Mecklenburg-Vorpommern hat sich ein Arbeitskreis Mediation gebildet, der sich Konfliktsituationen in der Arbeitswelt, im Privatleben, bei Umweltfragen und im öffentlichen Bereich widmet.

Die Scheidung ist bereits beschlossene Sache. Günter und Isolde Hecht sind sich einig. Ein Zurück und Einlenken gibt es nach den jahrelangen Zwistigkeiten nicht mehr. Es bleibt: das gemeinsame Vermögen einigermaßen gerecht aufzuteilen und die Unterhaltsansprüche zu regeln. Wer bekommt das gemeinsame Haus? Wer das Hausboot, die Möbel und das Sparkonto? Und wie soll das Sorgerecht für die minderjährigen Kinder aussehen?

Bei der Klärung dieser Fragen spielen Emotionen eine große Rolle. „Doch wer sich jahrelang um jedes Messer bei Gericht streitet, kann sich anschließend kaum gemeinsam um die Kinder kümmern. Oft baden diese dann das Zerwürfnis zwischen den Eltern aus“, sagt Mediatorin Martina Wurl. Die Doberaner Rechtsanwältin sieht in der Mediation eine günstige Möglichkeit, gerade Familienstreitigkeiten außerhalb des Gerichts gütlich zu einigen.

Was bedeutet Mediation? Es ist eine außergerichtliche Form der Konfliktbearbeitung, die aus den USA kommt und in Deutschland erst seit Anfang der 90er Jahre bekannt ist. Ziel ist es, eine für alle Seiten vorteilhafte Regelung zu finden. Eine neutrale, speziell ausgebildete Vermittlungsperson – der Mediator – unterstützt die Parteien bei der Entwicklung dieser Lösung. Den Abschluss bildet eine schriftliche und verbindliche Vereinbarung zwischen den Streitparteien.

„Etwa sechs bis zehn Sitzungen sind nötig, um Scheidungs- und Trennungsfragen so zu klären, dass beide Seiten zufrieden sind“, meint Martina Wurl aus Erfahrung. Oft legen die Streitenden dabei die Spielregeln selbst fest. Zum Beispiel sei es in so manchem Fall wichtig, vorher festzuhalten, dass jeder der Gesprächspartner ausreden darf.

Die Kosten für so eine Beratung in Familienstreitigkeiten liegen in der Regel zwischen 1000 und 2000 Mark. Der Streitwert spielt bei den Gebühren – im Gegensatz zum Gericht – keine Rolle. „Mediation ist also auch eine kostengünstige Variante. Sie ersetzt manchmal jahrelange und teure Gerichtsverfahren“, erklärt Ingolf Grau, Mediator in Rostock. Und anstelle des Risikos, vor Gericht zu unterliegen, werde eine Lösung angestrebt, die für alle Seiten fair und akzeptabel ist.

„Diese ganz individuelle Lösung lässt auch viele Wirtschaftsunternehmen zunehmend nach einer außergerichtlichen Einigung suchen. Denn Mediation bietet die Chance, die gute Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen“, meint Martina Wurl, die auch Vorstandssprecherin des Bundesverbandes Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e. V. ist.

Und es gibt viele Fälle, die die meisten Menschen wohl am liebsten ohne Gericht klären würden. Zum Beispiel, wenn zwischen den Geschwistern geregelt werden muss, wer das Unternehmen des Vaters fortführt. Oder wenn langjährige Freunde und Unternehmer plötzlich sich nicht mehr über die Unternehmens-Strategie einigen können und die Auflösung der Firma ansteht.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es gegenwärtig 25 Mediatoren, die sich in einem Arbeitskreis zusammengeschlossen haben und seit dem vergangenen Jahr professionelle Konfliktbewältigung anbieten. Die Mediatoren kommen aus verschiedenen juristischen, pädagogischen und psycho-sozialen Berufsgruppen, haben sich für diese Tätigkeit qualifiziert und arbeiten interdisziplinär zusammen. In besonderen Fällen werden weitere externe Gutachter oder Experten hinzugezogen.

Ansprechpartner für Mediation in M-V: Ingolf Grau, BBJ Servis GmbH, Carl-Hopp-Str. 17, 18069 Rostock, Tel.: 0381-809340 oder Fax: 0381-8093425.

ANETTE PRÖBER

 

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