Schlagender Gatte soll aus der Wohnung verbannt werden
Bergmann kündigte Gesetzentwurf für Herbst an - «Gewalt in den eigenen vier Wänden ist kein Kavaliersdelikt»

Bonn (AP) Wer seine Ehefrau körperlich mißhandelt, muß künftig mit der Verbannung aus der gemeinsamen Wohnung rechnen. Einen entsprechenden Gesetzwurf wird das Bundeskabinett im Herbst beraten und verabschieden, wie Bundesfamilienministerin Christine Bergmann am Dienstag in Bonn mitteilte. «Gewalt in den eigenen vier Wänden ist kein Kavaliersdelikt, sondern muß genauso entschieden verfolgt werden wie jedes andere Delikt», sagte die Ministerin. Nach ihren Angaben ist die vereinfachte Zuweisung der Ehewohnung an die von ihrem Gatten geschlagene Frau Teil eines Gesamtpakets zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt.

Die über 400 Frauenhäuser in Deutschland dürften nicht länger die einzige Alternative für mißhandelte Frauen und deren Kinder sein, erklärte Bergmann. Es vertrage sich einfach nicht mit dem Selbstverständnis eines Rechtsstaates, daß die betroffene Ehefrau mit ihren Kindern ihre vertraute Umgebung verlassen und fliehen müsse, um vor weiteren Angriffen Schutz zu finden. Nach Schätzungen erleben Frauen in jeder dritten Partnerschaft körperliche Gewalt. Die SPD-Politikerin hielt es daher für besonders wichtig, eine Eingriffsbefugnis zu haben, die es den Gerichten ermöglicht, den gewalttätigen Mann der Wohnung zu weisen und ein Rückkehrverbot auszusprechen.

Die Ministerin äußerte sich im Rahmen einer Fachtagung, bei der es um die rechtliche Position von Opfern häuslicher Gewalt geht. In vier Fachforen berieten die etwa 130 Teilnehmer unter anderem über Verfahrens- und Beweisfragen, gesetzliche und institutionelle Rahmenbedingungen und die Vollstreckung von Schutzanordnungen. Bei der Tagung kündigte der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Hansjörg Geiger, die gesetzliche Verankerung des Rechts des Kindes auf gewaltfreie Erziehung sowie eine Gesamtüberarbeitung des Sexualstrafrechts an.

Yahoo! Schlagzeilen 11. Mai 1999
www.yahoo.de/schlagzeilen/19990511/politik/0926428657-0000012776.html



Ministerin Bergmann will es Gerichten erleichtern, Frauen vor häuslicher Gewalt zu schützen / Gesetzesänderung geplant
Schlagende Männer sollen dauerhaft vor die Tür gesetzt werden

Von Monika Kappus

Frauen, die von ihren Partnern geschlagen werden, sollen nicht länger auch noch Opfer einer Rechtsordnung werden, die die Täter begünstigt: Künftig sollen Gerichte den gewalttätigen Mann nachhaltig dazu verpflichten können, sich der Frau nicht mehr zu nähern. Einen ersten Entwurf für entsprechende Gesetzesänderungen kündigte Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) für Herbst an.

BONN, 11. Mai. Es müsse endlich klar werden, daß es sich bei häuslicher Gewalt nicht um ein Kavaliersdelikt handele, unterstrich Bergmann ihr Anliegen bei einer Fachtagung am Dienstag in Bonn. Schätzungen zufolge erlebten Frauen in jeder dritten Partnerschaft körperliche Gewalt. "Nur in den seltensten Fällen wenden sich die Betroffenen an die Polizei", stellte Bergmann fest. Sie trauten sich nicht, den Freund oder Mann anzuzeigen, weil sie kaum damit rechnen könnten, daß der Täter sofort aus der Wohnung und ihrem Umfeld verbannt werde. Die bundesweit gut 400 Frauenhäuser seien ständig überbelegt. Gerichte sollten daher vereinfachte Möglichkeiten erhalten, den Mann der Wohnung zu verweisen und ein Rückkehrverbot samt Schutzanordnungen für Frau und Kinder auszusprechen.

Konkrete Vorschläge für zivilrechtliche Verbesserungen hat das Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt, kurz BIG, entwickelt. Es wird vom Bundesfrauenministerium und dem Senat der Hauptstadt unterstützt. BIG-Mitarbeiterin Birgit Schweikert plädierte in Bonn dafür, sämtliche Schutzmaßnahmen für verheiratete und unverheiratete Frauen gleichermaßen anzuwenden.

Derzeit, betonte Schweikert, fehlten etwa Regelungen für nichteheliche Lebensgemeinschaften bei der Zuweisung der Ehewohnung. Ergänzende Schutzanordnungen wie Kontakt- und Aufenthaltsverbote seien nur dann möglich, wenn auch ein Scheidungs- oder Zuweisungsverfahren laufe, eine Möglichkeit, die daher ebenfalls für Ledige ausscheide.

Aber auch bei Verheirateten scheitert die Wohnungszuweisung Schweikert zufolge oft an zu hohen Hürden. So müsse die Frau etwa eine "schwere Härte" nachweisen. Im Verfahren stehe oft Aussage gegen Aussage. Polizeibeamte sollten daher zur Kooperation mit den Gerichten verpflichtet werden und stärker zur Beweissicherung herangezogen werden. Damit könnten objektive Aussagen die Beweislast klagender Frauen vermindern.

Geänderte rechtliche Vorgaben allein reichten aber nicht, häuslicher Gewalt im Sinne der Opfer zu begegnen, betonte Schweikert. Ergänzend müsse die Zusammenarbeit zwischen Beratungsstellen, Gerichten, Polizei und - wenn Kinder verwickelt sind- Jugendämtern forciert werden.

Zentral ist aus Sicht des BIG zudem umfassende Fortbildung. Viele Richter nutzten auch aus Unkenntnis die schon jetzt bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz von Frauen nicht aus, erklärte Schweikert. Polizisten nähmen häusliche Gewalt allzu häufig als Streitfall wahr, bei dem es zwischen gleichermaßen Beteiligten zu vermitteln gelte, statt schützend einzugreifen und Gefahren abzuwehren.

Ministerin Bergmann verspricht sich von den Gesetzesänderungen - Teil des von ihr für die zweite Jahreshälfte angekündigten Aktionsprogramms gegen Gewalt an Frauen - auch vorbeugende Wirkung. Die Gesellschaft müsse Gewalt in den eigenen vier Wänden ebenso ächten wie im öffentlichen Raum und Männern damit klarmachen, "sie dürfen diese Form der Machtausübung nicht anwenden".

12.05.1999
Frankfurter Rundschau
www.frankfurter-rundschau.de/fr/101/t101022.htm t101022.htm



Schläger raus aus der Wohnung
Polizisten sollen schlagende Ehemänner sofort der Wohnung verweisen dürfen. Frauenministerin veranstaltet deutsch-österreichische Fachtagung zu Gewalt in der Familie

Bonn (taz) - Männer, die ihre Lebenspartnerin mißhandeln, soll die Polizei sofort der Wohnung verweisen können. Auch der Abbruch jeglichen Kontaktes zur Frau soll verfügt werden können, bis ein Gericht entschieden hat, wem die Wohnung zugewiesen wird: dem Mann oder der Frau.

Das ist das Ergebnis einer Fachtagung, die das Bundesfamilien- und das Bundesjustizministerium gestern in Bonn veranstalteten. Vertreter der beiden Ministerien sowie verschiedener deutscher und österreichischer Frauenprojekte diskutierten über die Umsetzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten "Nationalen Aktionsplans" zum Schutz von Frauen vor Gewalt.

Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) beklagte die mangelnde Aufklärung vieler Frauen über ihre rechtlichen Möglichkeiten und die Unwissenheit bei den zuständigen Behörden und Juristen. Die Gerichtsverfahren seien zudem bislang so kompliziert und langwierig, daß viele Frauen keine rechtlichen Schritte gegen schlagende Ehemänner unternehmen würden.

Eine von Bergmann in Auftrag gegebene Untersuchung hat ergeben, daß jede siebte Frau in Deutschland mindestens einmal Opfer sexueller Nötigung oder Vergewaltigung wird. Zwei Drittel der Täter kommen aus dem nächsten Bekannten- oder Verwandtenkreis. Die "vereinfachte Zuweisung der Wohnung" an die Frau stehe daher im Zentrum der Bemühungen, sagte die Ministerin.

Birgit Schweikert vom Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt (BIG) verlangte, die Verfahren gegen Männer zu vereinfachen und die Schutzmöglichkeiten für Frauen auszubauen. Es müsse mehr Aufklärung über Verbrechen in der Ehe geben. Wichtig sei es, Gewalt gegen Frauen gesellschaftlich zu ächten.

Ministerin Bergmann wertete die Tagung als "ersten Schritt". Das Kabinett werde im Herbst die polizeilich verfügte Trennung des schlagenden Mannes von der Frau beraten. Mit dem "Nationalen Aktionsplan" will Bergmann zudem präventive und ausbildende Maßnahmen für Männer, Polizeibeamte und Juristen unterstützen. Längerfistig strebt sie gleichen Schutz von Frauen vor Gewalt auf europäischer Ebene an.
ses

12.05.1999
www.taz.de/tpl/1999/05/12/a0182.fr/text?re=a2 taztext.htm



FAMILIE: Jede dritte Frau wird in der Partnerschaft Opfer von Gewalt

Wer seine Ehefrau körperlich mißhandelt, muß künftig mit der Verbannung aus der gemeinsamen Wohnung rechnen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf wird das Bundeskabinett im Herbst beraten und verabschieden, wie Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) am Dienstag in Bonn mitteilte.

Erhebungen des Familienministeriums hätten ergeben, so Bergmann, daß jede dritte Frau in Deutschland in einer Partnerschaft körperlicher Gewalt ausgesetzt sei.

"Gewalt in den eigenen vier Wänden ist kein Kavaliersdelikt, sondern muß genauso entschieden verfolgt werden wie jedes andere Delikt", sagte die Ministerin. Nach ihren Angaben ist die vereinfachte Zuweisung der Ehewohnung an die von ihrem Gatten geschlagene Frau Teil eines Gesamtpakets zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt. (AP, dpa)

Berliner Zeitung, 12.5.99



Verbannter Mann

Wer seine Ehefrau körperlich mißhandelt, muß künftig mit der Verbannung aus der gemeinsamen Wohnung rechnen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will Familienministerin Christine Bergmann im Herbst einbringen. Das Gesetz ist Teil eines Pakets zur Bekämpfung häuslicher Gewalt.

12.05.1999
Mainpost