Der "Väteraufbruch
für Kinder" bietet Hilfe für Väter, denen der Kontakt zum
Kind untersagt ist
Von KURIER-Redakteur Dirk Rüsing
"Ich bin ein klassischer Zahlvater", sagt Hubertus Leistikow. Seit der Trennung von seiner Frau überweist der Wiesbadener ihr Monat für Monat einen festen Betrag für den Unterhalt der beiden gemeinsamen Kinder. Und auch wenn mal außer der Reihe der Kauf eines Fahrrades oder eine Klassenfahrt ansteht, winkt Leistikow nicht ab, sondern greift in die Brieftasche. "Ist doch für meine Kinder."
Nur: Leistikow darf die beiden nur einmal in der Woche sehen - auf Basis eines Richterspruchs. Erstrittenes Umgangsrecht nennt man das. Das alleinige Sorgerecht hat seine geschiedene Frau. Als Vater darf er an keinem Elternabend in der Schule teilnehmen; kein Arzt darf ihm Auskunft über seine Kinder geben. Sein wenig zufrieden stellendes Fazit: "Als Vater bin ich nur fürs Geld zuständig, die emotionale Seite gehört ganz der Mutter."
Dennoch: In seiner Gruppe sei er der "Vorzeigevater". Anderen gehe es schlechter. Die Gruppe, das ist der "Väteraufbruch für Kinder" in Wiesbaden und Umgebung (bis 100 Kilometer). Mitglieder sind 57 Männer, die eines verbindet: Sie sind Trennungsväter, die darunter leiden, ihre Kinder nicht oder kaum sehen zu können. Mit Unterstützung der Selbsthilfegruppe wollen sie ihre Situation bewältigen.
Der Bundesverein entstand vor zwölf Jahren und steht familienpolitisch unter anderem für kontinuierlichen Umgamg vom Kind zum getrennt lebenden Elternteil, für sofortigen Umgang in strittigen Fällen, für mehr Innovation bei Jugendämtern und Familiengerichten sowie für das beidseitige Sorgerecht beider Eltern von nichtehelichen Kindern.
"Unsere Ortsgruppe gibt es seit 1998", sagt Vorstandsmitglied Thorsten Mahler. Seitdem treten die einsamen Väter für ihre, vor allem aber für die Rechte ihrer Kinder ein. Mahler: "Auch die Kinder leiden unter der Trennung." Das deutsche Kindschaftsrecht schreibt seit Juli 1998 vor, dass Kinder das Recht auf den Umgang mit den leiblichen Vater haben. Väter, so heißt es weiter, haben neben dem Recht sogar die Pflicht, Umgang mit ihren Kindern zu pflegen. Theorie und Praxis sollen hier meist weit auseinander liegen.
"Hat die Mutter das Sorgerecht, kann sie den Umgang einfach untersagen", so Mahler. Das dürfe sie zwar nicht, aber der Weg durch die behördlichen und gerichtlichen Instanzen werde meist verschleppt. Warum? "Keine Ahnung, es scheint aber, als hätten Mütter immer die bessere Lobby" vermutet Thorsten Mahler. Und wer erfolgreich den langen Weg über die Gerichte geht, sieht sich am Ende nicht selten dem Argument gegenüber, das Kind sei längst entfremdet - viele geben dann auf. Das deprimiert.
Beim Väteraufbruch können Betroffene unterschiedliche Hilfe erwarten. Dazu Hubertus Leistikow: "Wir können helfen, den ersten Frust aufzufangen." Man müsse bedenken, die Männer haben nicht nur ihr Kind sondern auch ihre Partnerin verloren. Ihr Umfeld ist oft zusammengebrochen und es gibt finanzielle Doppelbelastungen. "Da kann es helfen wenn man Mitbetroffene trifft."
Deren Erfahrungen können hilfreich sein, bei dem Versuch, den Kontakt zum Kind wieder herzustellen. Der "Väteraufbruch" kann Kontakte zu Beratungsstellen, Jugendämtern und Gerichten herstellen. Neben dem regelmäßigen Erfahrungsaustausch bietet die Gruppe Vorträge und Diskussionsveranstaltungen mit Fachleuten an.
"Wie versuchen zudem mit Politikern, Kirchen,
Gewerkschaften und anderen entsprechenden Institutionen zu kooperieren",
ergänzt Mahler. Außerdem unterstützt man sich gegenseitig
bei Vater-und-Kind-Aktivitäten. Kontakt zum "Väteraufbruch für
Kinder" über: Thorsten Mahler, Telefon 0611/426678,
e-mail: thorsten.mahler@t-online.de <mailto:thorstenmahler@t-online.de>
Wiesbadener Kurier, Donnerstag den 24.05.2001, Seite 8