"Fegefeuer den Gekreuzigten"

Welche Rolle spielt die Kirche, wenn es um den Erhalt von Familie geht?



Im Verhältnis von Staat und Kirche war es immer schon die Aufgabe der Kirche ihre Schäfchen zur Staatsräson und sich selbst ins Trockene zu führen. Anders als in anderen Ländern treibt der Staat in diesem Land die Gelder für die Kirche ein. Ein Komiker hat mal gesagt, der Staat mache sich damit zum Zuhälter der Kirche. Man arbeitet Hand in Hand. "Niemand soll sich gegen das stellen, was dem Staat und der Kirche heilig ist". Wer dies tut, soll ins Fegefeuer auf Erden. Jeweiligem Zeitgeist entsprechend war dies immer schon so und wird nun wieder mal offen ausgesprochen. Fegefeuer auf Erden. Stoiber: Ruf nach Gefängnis für Gotteslästerung


Kirchlicher und staatlicher Familienbegriff

Nach offiziellen Verlautbarungen, von Parteien, Staat und Kirche ist Familie der Ort, wo Kinder sind. Mit dieser Definition werden Elternteile ausgegrenzt, soweit sie nicht mehr unter einem Dach mit Kindern leben. Man kann diese Begriffsdefinition auch übersetzen in: "Familie ist, wer aus einem Kühlschrank isst."


Zusammenspiel von Kirche und Staat

Sowohl die Demonstration am Samstag, das Passionsspiel vor dem Justizministerium , die öffentliche Diskussionen im Vorfeld der Demo und im Kreise der Mütter und Väter nach der Demo, ließ die Rolle der Kirche wieder einmal deutlich werden. Die Kirche hat sich einerseits in der Person eines Pfarrers - im wahrsten Sinne des Wortes - an die Spitze des Protestes gestellt, um sie andererseits in gelenkten Bahnen der Staaträson im Zaum zu halten.


Viel moralisierende Worte ohne politische Aussage

In einem moralisierenden Ton schmetterte, mit eigens dafür mitgebrachtem Kirchenmikrofon, der Herr Pfarrer Appelle an die Zuschauer des vorbeiziehenden Zuges, ohne - jedenfalls für mich - jegliche wirklich politische Aussage. Kein Wort davon, dass Umgang als Pflicht vom Gesetzgeber ins BGB geschrieben und vom Staat gleichzeitig Umgangsvereitlung nicht nur geduldet, sondern auch geschützt wird. Kein Wort davon, dass Umgangsvereitlung Kindesmissbrauch ist. Kein Satz darüber, dass die Haltung des Staates, seine Gesetzgebung jetzt schon Männer veranlasst, keine Kinder mehr zeugen zu wollen, Kein Aufruf zum Zeugungsboykott. Die Verhältnisse sollen in Wahrheit nicht geändert werden. Keine politische Aussage über ein gemeinsames Sorgerecht ohne wenn und aber oder über die Forderung der ersatzlosen Streichung des § 1671 BGB und 1666a, wie auch 1626a. Wenn auch der populistische Schlachtruf vom "Kinderklau" angestimmt wurde, verstanden haben ihn nicht betroffene Menschen kaum.


Es zählt nur die Stimme "Gottes" auf Erden

Wer die Stimme gegen des Herrn Pfarrers Worte erhebt, wird diszipliniert und ausgegrenzt.

Fakt ist: Seit ein Pfarrer sich an die Spitze der Bewegung gesetzt hat, wird der Demonstrationszug immer kleiner.. (Zumindest lässt sich dies aus meinen Filmaufnahmen, die ich in vorhergehenden Jahren gemacht habe, leicht erkennen). Seither klingen die Töne eher beschwichtigend, wenn nicht gar doppelzüngig. Mit allen nur denkbaren Tricks sollten die Schäfchen wie Lämmer an dem Protest des Schauspielers Mathieu Carriére vorbei gelotst werden, zumindest daran gehindert, Zeuge "des Spiels des Teufels" zu werden. Ganz scheint dies nicht gelungen, wie es auch nicht gelungen ist, die Bewegung ganz im Sinne der Kirche für sich zu vereinnahmen.


Galionsfiguren auf kirchlicher Fahne

Erst seitdem die Familie Görgülü vor dem Bundesverfassungsgericht und dem europäischen Gerichtshof gesiegt hatte, wurde der Vertreter der Kirche hellhörig. Jetzt wird Kazim Görgülü als Galionsfigur auf kirchlicher Fahne für erlittenes Unrecht instrumentalisiert. Bei aller lobenswerten Hilfe für Görgülü´s: Keine Aktion in der, der aus dem Kirchensäckel finanzierte "Dompteur väterlichen Widerstandes" sich nicht selbst ins Blickfeld rückt. Gleichzeitig aber keine Fürsprache für die Väter, die hinter Gefängnismauern sitzen, wie es sonst Aufgabe der Kirche ist. Ablehnung jeglicher Protestaktion wie sie von F4J initiiert wurden. Strikte Ablehnung symbolischer Performance, wenn sie öffentlichkeitswirksam herüber kommt, wie im Falle der "Kreuzigungsaktion". Stattdessen formale öffentliche Herabwürdigung von Kunst, wenn auch mit anderen Worten als entartet. Hatten wir schon mal. Das macht nachdenklich.


Kirche kein Zufluchtsort für Ausgegrenzte

Eigentlich sollte die Kirche Zufluchtsort für Ausgegrenzte sein. Aber: Als es um die Konfirmation eines Kindes eines Vaters ging, der von der Mutter bedroht und ausgegrenzt wird, wurde dieser aus dem heiligen Haus heraus geworfen. Ebenso eine polnische Mutter, die der Konfirmation ihres Kindes beiwohnen wollte, weil der Vater der Kinder sie ausgegrenzt hatte. Diese Rausschmisse aus der Kirche von der Kanzel herunter an einem so wesentlichem Festtag von Kindern sind keine Einzelfälle.

Das aber will bis heute nicht diskutiert werden. Solche Fälle sollten in der Diskussion im Nachgang der Demonstration bitte außen vor gelassen werden.


Kirche, Kirche warum hast Du uns verlassen?

Dennoch: "Immer wieder der Tenor während der Diskussion abends im Anschluss an die Demonstration: "Kirche, Kirche warum hast Du uns verlassen?" Von kirchlicher Seite wurde dieser Aspekt der Diskussion von dem selbst ernannten Moderator nicht zugelassen. In autoritärer Manier benahm man sich wie der Kardinal, in dessen Rolle Mathieu Carrière in dem Film "Martin Luther" schlüpfte. Zudem wie das tapfere Schneiderlein, das das Einhorn in die Kapelle jagte, um die Königin zur Frau zu bekommen, um also das Wohlwollen des Staates zu erheischen, mit ihm zusammenzugehen.


Die Kirche und dunkle Kapitel in unserer Geschichte

In den dunkelsten Kapiteln in jeder Staatsform unserer Geschichte hatte nachgewiesener Maßen die Kirche eine zwiespältige und mit hin auch eine dem Staat zugewandte Rolle eingenommen. Davon ausgenommen sind nur wenige Aufrechte, die diese couragierte Haltung mit dem Leben bezahlen mussten Heute geht es nicht um Leben oder Tod. Hier zeigt man nicht mal mehr ein wenig Mut, wenn es vermeintlich um den Job geht.

Als Kind bin ich in evangelischen Kinderheimen aufgewachsen und habe auch regelmäßig "Prügel vom lieben Gott bekommen" Später, als Angestellter einer kirchlichen Einrichtung wurde ich an die frische Luft gesetzt, Job und Wohnung habe ich verloren, weil ich mich nicht für die Kirche, sondern für meine Tochter entschieden hatte. Somit durfte ich am eigenen Leibe verspüren, was es heißt, wenn man der Kirchendoktrin nicht entspricht.


Erfahrungen mit der Kirche in der Geschichte und eigener Geschichte

Meine Erfahrungen mit der Institution Kirche und die immer wieder neu zu machenden Erfahrungen erlauben mir, mit Recht, mich gegen das Unrecht auch seitens der Kirche zur Wehr zu setzen und solche deutlichen Worte zu finden.. Ich sehe es immer mit kritischen Augen, wenn die Kirche oder eines seiner Vertreter sich an die Spitze einer Bewegung setzt.

Liebe Freunde und Freundinnen "die ihr mühselig und beladen seit", die ihr vom kirchlichen und staatlichen Begriff von Familie gebeutelt seid - haltet die Augen offen! Lasst euch nicht zu kirchlichen Kreuzzügen überreden, kriecht der Kirche und ihren von ihr bezahlten Vertreten nicht zu Kreuze. Oder passt euch an, denn euch droht das Fegefeuer, wie Mathieu Carrière und anderen der Scheiterhaufen in Form des Gefängnisses. Dort wird die Kirche euch wieder aufsuchen, um euch zu bekehren oder die letzte Salbung zu geben. Da es keine Todesstrafe mehr gibt, wird sie euch auch vor dem Fallbeil nicht mehr segnen, wie einst.


Macht euch die Kirche zu Eigen und nicht umgekehrt

Vielleicht müssen wir die Kirchen stürmen, wie F4J den Palast, wie die bürgerliche Revolution die Bastille. Jedenfalls muss die Kirche und müssen ihre Vertreter mit dem Volk gehen, gegen jede Unterdrückung. Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

Noch ist es die Kirche, sind es ihre Unterorganisationen und die Wohlfahrtsverbände, die die Gunst der Stunde moderner Sklavenarbeit in Anspruch nehmen. Sie sind es, die sich vorbehaltlos Ein-Euro-Jobs bedienen und zudem sich mit mehr Geld pro "Arbeitsplatz" staatlich, stattlich entlohnen lassen, als die Ein-Euro-Jobber jemals für ihre Arbeit bekommen.


Symbol gesegneten Protestes

Schaut euch die Bilder der diesjährigen Demonstration an, unter Führung eines - wenn auch gewählten - kirchlichen Vertreters. Sie haben allein schon Symbolwert. Mit dem Protest gegen den Protest von Mathieu Carrière, der Drohung mit Gefängnis (siehe Stoiber), dem Ausschluss kritischer Worte, hat in diesem Jahr die Kirche und haben ihre Vertreter im Demonstrationszug und in der Politik ihr wahres Gesicht gezeigt. Wir leben nicht in Lateinamerika. Wir leben hier, "in Gottes Namen". Also Vorsicht vor jeglichem Hegemoniestreben in seinem Namen.(Worauf auch die ehemalige Außenministerin der USA, Madeleine Albright in ihrer Autobiografie hingewiesen hat).

Ich wünsche mir jedenfalls einen Protestzug ohne die Bevormundung der Kirche und seiner Vertreter.

Gruß Armin
Viel Spaß bei der Betrachtung meiner Bilder.