Emotionale Erpressung nach der Partnerschaft


Emotionale Erpressung geht nach der Scheidung oft erst richtig los und wird dann über die Kinder ausgeübt (PAS).

Interessant, das der Artikel aus der CDU-nahen Rheinischen Post so konstruiert wurde, das der Mann als "emotionaler Erpressungstäter" in Aktion tritt und dabei keine Kinder im Spiel sind. Ein Hinweis auf notwendige Fairnes bei Trennung oder Scheidung fehlt.

Thomas




Emotionale Erpressung in der Partnerschaft


veröffentlicht: 23.03.2006 vorlesen lassen

Oft dauert die emotionale Erpressung jahrelang an, ehe einer der Partner seine Bedürfnisse offen äußert. Dann ist es oft zu spät.

Hamburg (rpo). Katharina will Holger verlassen. Holger will das nicht zulassen. "Du quälst mich so. Mir geht es so schlecht." Jedesmal, wenn die beiden ihre bevorstehende Scheidung besprechen, hört Katharina diese Klagen von ihrem Ehemann. Er wirft ihr vor, ihn durch ihr selbstsüchtiges Verhalten in den Tod zu treiben. Katharina fühlt sich schuldig und hat daher jahrelang auf die Trennung verzichtet. Psychologen sprechen in solch einem Fall von emotionaler Erpressung.

"Emotionale Erpressung wird eingesetzt, um seine eigenen Interessen durchzusetzen", erläutert Doris Wolf, promovierte Psychologin und Psychotherapeutin aus Mannheim. Anstatt seine Bedürfnisse direkt zu äußern, erzeugt ein Partner beim anderen Schuldgefühle. "Im Grunde genommen funktioniert jedes Verhalten, von dem man weiß, dass es den anderen unter Druck setzt", sagt Wolf.

Wie bei Katharina und Holger können dies direkte Vorwürfe und Schuldzuweisungen sein. Nicht selten wird sogar mit Selbstmord gedroht: "Wenn du gehst, bring ich mich um". Häufig betont derjenige, der den Partner manipulieren will, sein eigenes Leiden oder eine Kränkung. Dies passiert auch nonverbal, etwa durch gequälte Blicke, Stöhnen oder Schmollen.


Oft jahrelange Manipulation der Gefühle

Trotz solcher Konflikte fällt es vielen Paaren schwer, sich ihres Problems bewusst zu werden. Sie leben jahrelang mit der Manipulation der Gefühle und oft haben sich beide Seiten daran gewöhnt. "Viele Betroffene sind schon von den Eltern emotional bedrängt worden und ihnen muss erst einmal klar werden, dass in ihrer Beziehung etwas falsch läuft", sagt Klaus Heer, Schweizer Paartherapeut und Buchautor.

Die emotionale Erpressung ist ein recht häufiges Problem in Beziehungen. "Jedes Paar erfindet seine eigene Form der Manipulation", berichtet Heer aus der Praxis. Diejenigen, die ihren Partner manipulieren, sind übrigens ebenso oft Frauen wie Männer.

Wer seinen Partner emotional erpresst, fühlt sich meist selbst als Opfer. "Solche Menschen meinen, dass sie zu kurz kommen und fühlen sich gekränkt", erläutert Heer. Sie sind nicht in der Lage, ihre Forderungen direkt zu äußern und können auch Aggressionen nicht zeigen. "Die Erpressung erfolgt also nicht aus Freude am Quälen, sondern ist eher Zeichen eigener Not", sagt der Schweizer Paartherapeut.

Das Leid und der Schrecken beim eigentlichen Opfer der emotionalen Erpressung lässt sich durch diese Erkenntnis aber nicht beseitigen. Wenn beide Partner motiviert sind, an der Beziehung zu arbeiten, kann eine Mediation helfen oder auch eine Paartherapie. "Wichtig ist es, dem Konflikt nicht auszuweichen", bestätigt Heer. Dafür müssen beide Partner lernen, ihre Bedürfnisse offen auszusprechen.

Das ist auch für viele Opfer nicht einfach. Die Vorwürfe des Partners haben bei ihnen so viele Schuldgefühle erzeugt, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse immer zurückstellen. "Für solche Menschen ist es wichtig zu erfahren, dass Schuld in einer Beziehung ganz normal ist", sagt Heer. Da jeder Fehler macht oder etwas vergisst, kann er schuldig werden. Deshalb darf jeder weiterhin eigene Bedürfnisse haben und muss diese in der Beziehung auch anmelden.


Gegen das schlechte Gewissen angehen

Die Mannheimer Psychologin Wolf rät Betroffenen, gegen das schlechte Gewissen bei sich vorzugehen. Wenn der Partner einem vorwirft, dass man ihn quäle, sind das zunächst dessen Gefühle. "Ich kann akzeptieren, dass er oder sie sich schlecht fühlt, muss die Schuld aber nicht bei mir suchen", sagt Wolf. Es hilft, den anderen direkt auf die Situation anzusprechen: "Es ist schade, dass du das so siehst. Ich habe mich nicht so verhalten, damit du dich schlecht fühlst."

Den Rückzug des Partners oder vorwurfsvolles "Schmollen" kann man dagegen zunächst abwarten. "Man sollte seinen eigenen Aktivitäten ohne schlechtes Gewissen nachgehen und warten, bis der Partner wieder auf einen zukommt", rät die Expertin. Danach sollte man ihn sachlich auf sein Verhalten ansprechen und bitten, seine Erwartungen offen auszusprechen. Denn erst dann kann man Stellung dazu nehmen, ob man die Erwartungen des anderen erfüllen möchte oder erklären, weshalb nicht.

Viele Opfer emotionaler Erpressung wehren sich allerdings erst, wenn sie es gar nicht mehr aushalten. Das Paar ist dann häufig nicht mehr in der Lage, das über Jahrzehnte eingeübte Verhalten zu ändern. Wie im Fall von Katharina und Holger kann dies dann zur Trennung führen. Wer sich in seiner Beziehung häufig schuldig, ängstlich oder hilflos fühlt und sich daher zurücknimmt, sollte dies also frühzeitig als Warnung verstehen.

Partner können ihr Problem mithilfe von Büchern, Selbsthilfegruppen oder mit professioneller Unterstützung von Therapeuten angehen. Gemeinsam sollten sie für Situationen der emotionalen Manipulation sensibel werden. Auf Dauer müssen beide lernen, ihre Bedürfnisse angemessen, direkt und selbstbewusst zu äußern.


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