-------- Original-Nachricht --------
Betreff:  Dr. Karin Jäckel: Menschenrechtsverletzungen in Deutschland
Datum:  Sunday, February 11, 2007
Von:  Karin Dr. Jaeckel <karin.jaeckel@T-Online.de>
An:  Zsofia Szilagyi <zsofia.szilagyi@coe.int>


Sehr geehrter Herr Menschenrechtskommissar Hammarberg,

in diesen Tagen waren Sie in Deutschland, um sich über die Verfizierung der Menschenrechte zu informieren. Dafür danke ich Ihnen im Namen von Kindern und Eltern, die mit Hilfe des Jugendamts und der Familiengerichtsbarkeit keien Chance mehr erhalten, einander regelmäßig zu sehen und in einer gelebten Eltern-Kind-Beziehung zu bleiben. Wie Sie sicher wissen werden, wurde Deutschland deshalb bereits mehrfach in Straßburg verurteilt, ohne dass dies für die betroffenen Kinder und Eltern Soforthilfe bedeutet hätte. Wie Frau Bundesjustizministerin Zypries vor einiger Zeit verkündete, ist Deutschland ja nicht verpflichtet, Urteile aus Straßburg sofort umzusetzen.

Wie sich die auch nach Straßburg weiterhin anhaltende Kindesentziehung auswirken kann, mag Ihnen der Tod eines der sieben Haase-Kinder zeigen, die ihren Eltern grundlos entzogen wurden. Das junge Mädchen ist eines der vielen Behördenwillkür-Opfer, die keine Chance haben, das ihnen zugefügte Unrecht abzuwehren.

Als Autorin von Büchern wie "Nicht ohne meine Kinder. Eine Mutter kämpft gegen das Jugendamt" (Lübbe), "Deutschland frisst seine Kinder" (Rowohlt), "Der gebrauchte Mann. Abgeliebt und abgezockt. Väter nach der Trennung" (DTV) arbeite ich intensiv mit jungen und erwachsenen Menschen, die einander verlieren, obwohl es dazu keinen anderen Grund gibt als elterliche Konflikte oder Behördenwillkür.

Mein Buch "Nicht ohne meine Kinder" greift den Fall einer Deutsch-Libanesin Namens Joumana Gebara aus Dorsten in NRW auf, die als allein erziehende Mutter von drei Kindern den Entzug der beiden unter Vierzehnjährigen erlitt, weil sie nach schriftlich bekundeter Ansicht des Jugendamtes zu viel arbeitete und ihre Kinder nicht persönlich, sondern durch eine Tagesmutter bzw. in einer Kindertagesstätte betreuen ließ.

Monatelang ließ man sie ohne jede Information über den Verbleib, ohne jedes Recht auf auch nur ein Telefonat, verweigerte ihr, den Kindern eine schriftliche Nachricht zu senden und trennte die Kinder, die bis zu diesem Zeitpunkt nie getrennt waren und immer bei ihrer Mutter gelebt hatten. Und das alles ohne richterlichen Beschluss, geschweige denn einen Vorfall, der diese Vorgehensweise gerechtfertigt hätte.

Am Ende schloss das Familiengericht sich der Auffassung des Jugendamts an, weil die Mutter ihrer Verzweifung in einem Internetforum Luft gemacht hatte, vor Gericht auf den Knien um die Herausgabe ihrer Kinder bettelte und nicht bereit war, für die Herausgabe eines Kindes auf das andere zu verzichten.

Ein solches Verhalten hielt man einer Mutter nicht für angemessen. Letztlich sah die Mutter 2006 keine andere Chance mehr, als mit ihren Kindern in den Libanon zu fliehen, obwohl zu diesem Zeitpunkt gerade wieder einmal der Krieg ausgebrochen war.

In anderen Fällen entzieht das Jugendamt Kinder ihren Eltern, weil diese mit ihnen in der eigenen Muttersprache sprechen und die zur Umgangsbetreuung diese Sprache nicht sprechen. Siehe die Fälle Pomorski, Kraszewski, Pokrzepowizc, die derzeit mit einer EU-Petition um ihre Kinder kämpfen.

Ich habe in einem langen Anschreiben an Frau Bundesfamilienministerin Aufmerksamkeit auf das Problem des Kindesentzugs zu lenken versucht. Sie ließ mir durch ihren Mitarbeiter mitteilen, dass sie mit ihren eigenen Kindern und ihrem Amt zu beschäftigt sei, um sich der Sache annehmen und meine Mitteilungen oder Bücher lesen zu können. Aus dem Bundesjustizministerium erhielt ich keine Antwort. Herr Bundespräsident Köhler ließ mir freundlich mitteilen, er könne nichts tun.

Zuständig, verantwortlich will niemand für die Institution Jugendamt sein, für die es bisher keine zentrale Kontrollbehörde gibt, obwohl sich die schrecklichsten Entscheidungsfehler aus den einzelnen Ämtern häufen.

Ich bitte also Sie als EU-Menschenrechtskommissar dafür Sorge zu tragen, dass das Jugendamt einer zentralen Kontrollbehörde unterstellt wird, die zugleich auch Beschwerdestelle für Betroffene ist und strittige Entscheidungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Menschenrecht und dem Recht des Kindes auf seine eigene Familie überprüft.

Die Entscheidungskompetenz der Jugendamtsmitarbeiter muss an Recht und Gesetz, nicht aber, wie bisher, auch an hausinterne Vorschriften und das eigene Gewissen des Entscheidungsträgers gebunden sein.

Auch muss es möglich sein, einzelne Verantwortliche für ersichtliche Fehlentscheidungen zur Rechenschaft zu ziehen. Bisher scheitern Einsprachen regelmäßig an der Fürsorgepflicht des Vorgesetzen und der Gewissensfreiheit des einzelnen Entscheidungsträgers.

Aktuelle Statisken zeigen, dass von derzeit ca. 680.000 Kindern in Deutschland pro Jahr ca. 54. 000 Kinder ihren Eltern entzogen und in Heimen untergebracht werden. Weitere etwa 131.000 Kinder pro Jahr werden ihren Eltern entzogen und in Pflegefamilien verbracht. In der Summe sind dies 185.000 Kinder pro Jahr. Das bedeutet, dass täglich ca. 70 Kinder ihren Eltern entzogen werden und nahezu nie mehr nach Hause zurückkommen.

Alle betroffenen Eltern werden nach dem Kindesentzug zur Barunterhaltszahlung für ihre entzogenen Kindern veranschlagt. Im Fall Haase wurden den Eltern, - schlichten, eher gering verdienenden Menschen, - pro Kind ein Monatsunterhaltsbetrag von über 2.700 Euro berechnet.

Nicht zu vergessendie Kinder, die auf Grund der elterlichen Trennung/Scheidung einen Elternteil dauerhaft verlieren, weil das Jugendamt im Verbund mit dem Familiengericht dem Wunsch eines Elternteils folgt und entweder ein Umgangsrecht verbietet oder auf wenige Stunden im Monat oder gar im Jahr reduziert oder Umgangsstunden unter Aufsicht stellt. Nicht einmal dann, wenn das Gericht feste Umgangstermine regelt, können diese gegen den verhindernden Elternteil durchgesetzt werden. Eine Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt verkündete deshalb 2006 in einem Vortrag, das Familiengericht entscheide nicht gegen das Jugendamt, weil ein Beschluss durch das Jugendamt mitgetragen werden müsse.

Unter diesen Justiz-Halb-Waisen sind ungeprüft viele, die - wie im Fall Haase, Kutzner, Görgülü und anderen - keine bösartigen Eltern haben, vor denen sie geschützt werden müssten.

Seit einigen Monaten habe ich eine online-Umfrage zu Erfahrungen mit dem Jugenamt im Internet. Bisher sind rund 700 Fragenbögen verwertbar ausgefüllt worden. Alle diese Eltern haben ihre Kinder verloren und kämpfen verzweifelt und vergeblich um ihre Heimkehr, um ein Umgangsrecht, um ein Sorgerecht, um eine ganz normale Eltern-Kind-Beziehung.

Bitte, bewirken Sie deshalb in Ihrem Amt auch, dass Deutschland endlich die UN-Kinderrechtkonvention vollständig verifiziert und Kindern ihr Recht auf beide Eltern ohne Abstriche garantiert

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Karin Jaeckel
Autorin
www.karin-jaeckel.de

mit der Bitte um Weiterleitung





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